Berlin. Was hat es mit der Satellitenantenne auf dem Wasserturm am Fichtenberg auf sich? Die wichtigsten Infos zu dem ehemaligen Lost Place.

Längst haben die Wassertürme in Berlin ihre Funktion als Wasserversorger abgeben müssen. Das heißt aber nicht, dass sie an Faszination verloren hätten. Seit Ende des 19. Jahrhunderts erhielt die Villenkolonie Fichtenberg und die Kolonie Steglitz ihr Frischwasser aus dem Reservoir an der heutigen Schmidt-Ott-Straße. Als der Wasserturm in den 1960er-Jahren stillgelegt wurde, war lange Zeit unklar, was aus dem Klinker-Koloss werden sollte. Bis dem Bezirk der rettende Einfall kam. Die wichtigsten Infos zu dem ehemaligen Lost Place in Steglitz-Zehlendorf.

Das sind die Fakten zum Wasserturm auf dem Fichtenberg:

  • Adresse: Schmidt-Ott-Straße 13, 12165 Berlin-Steglitz
  • Geschichte: Errichtung 1885/1886 nach Plänen des Architekten Otto Techow (1848–1919); in Betrieb als Wasserreservoir bis 1962, danach Leerstand
  • Führungen: Unregelmäßig beispielsweise zur Langen Nacht der Wissenschaften
  • Denkmalschutz: Objekt-Nr. 09065641
  • Status: Ehemaliger Lost Place. In den Jahren 1979 bis 1983 zu einer Wetterbeobachtungsstation umgebaut

Wo liegt der Wasserturm genau?

Der Wasserturm liegt an der Schmidt-Ott-Straße 13 im Ortsteil Steglitz des Bezirks Steglitz-Zehlendorf auf dem Gelände des Instituts für Meteorologie der Freien Universität Berlin nördlich des Botanischen Gartens. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist der Turm am besten mit der Buslinie X83 (Haltestelle Schmidt-Ott-Straße) zu erreichen. Alternativ ist es vom S- und U-Bahnhof Rathaus Steglitz (S1, U9) ein etwa dreizehnminütiger Fußweg entlang des Charkiw-Parks und der Schmidt-Ott-Straße bis zum Wasserturm.

Das sind die wichtigsten Etappen der Geschichte des Wasserturms auf dem Fichtenberg:

Ausgangslage: Fließendes Wasser für die Landgemeinde Steglitz

Bild des 1854 bis 1856 von Fox & Crampton gebauten Pumpwerks Stralauer Tor. Aquarell von W. Knoll nach einer Zeichnung von Th. Dettmers, um 1860
Bild des 1854 bis 1856 von Fox & Crampton gebauten Pumpwerks Stralauer Tor. Aquarell von W. Knoll nach einer Zeichnung von Th. Dettmers, um 1860 © picture-alliance / akg-images | akg-images | picture-alliance / akg-images | akg-images

Mitte des 19. Jahrhunderts versorgte sich die Bevölkerung Berlins und seiner Vororte noch über Zieh- und Handbrunnen mit Wasser. Das änderte sich, als die preußische Regierung 1852 britische Spezialisten einstellte: "Fox & Crampton" übernahmen. In den Folgejahren erhielt Berlin mit Wasserwerken, Rohrleitungssystemen und Wassertürmen eine effiziente Versorgung.

Steglitz – damals noch preußische Landgemeinde vor den Toren Berlins – vergab die Konzession für die Wasserversorgung des Ortes 1885 an die Charlottenburger Wasserwerke AG. Die Charlottenburger begannen mit der Verlegung eines unter dem Straßenverlauf gelegenen Wasserrohrnetzes, verbunden mit dem Bau eines gemeindenahen Wasserturms. Als Standort des Fallturms zur Trinkwasserversorgung wurde der Fichtenberghügel gewählt, der sich in Gemeindeeigentum befand.

Wasserturm Fichtenberg: Illustre Nachbarschaft auf dem "Aristokratenhügel"

Der Fichtenberg galt bereits seit dem 19. Jahrhundert als eine bevorzugte Wohnlage. Auf der eiszeitlichen Erhebung hatten sich prominente Schauspieler, Literaten, Unternehmer, Politiker und Wohlhabende angesiedelt, die der Metropole Berlin entfliehen wollten. In den Treibhäusern des "Aristokratenhügels" wurden Orangen, Bananen und Palmen gezogen, in den parkähnlichen Gärten fanden sich Teiche und Grotten, Pavillons und antike Skulpturen – und später auch hauseigene Zapfsäulen für Luxus-Fuhrparks.

Die Hügellage im Südwesten ist landschaftlich außerordentlich reizvoll. Nur Trinkwasser war nicht einfach zu haben. Bis zu 50 Meter tief bohrte man die Brunnen für die ersten Wohnbauten. So witterten die Charlottenburger Wasserwerke zu Recht ein gutes Geschäft und beauftragten dem am Fuße des Hügels wohnenden Regierungsbaumeister Otto Techow (1848–1919) mit der Anfertigung eines Entwurfs für den Wasserturm.

Wasserturm Fichtenberg: So war die Anlage aufgebaut

Mit seiner repräsentativen Gestaltung und der relativ geringen Bauhöhe von 40 Metern passte sich der Wasserturm gut in das umgebende Villengebiet ein. Als Baumaterial für den Turm kamen einfache Mauersteine zum Einsatz, die mit roten Ziegelsteinen verblendet waren. Im Kontrast dazu wurden die Verzierungen der Außenflächen und das Portal aus Rackwitzer Sandstein gefertigt.

Der gedrungene Turmbau zeigte in seinem Baustil Anklänge an die Romantik und Renaissance. So fanden sich unter anderem oberhalb des Wasserbehälters vier mit Zinnen bewährte Türmchen, die das Ende von halbrunden Treppenhaus-Erkern bildeten. Bekrönt wurde der Turm von einer polygonalen Kuppel von fast 20 Metern Durchmesser. Darüber befand sich eine achteckige Dachlaterne von zwölfeinhalb Meter Höhe, an deren Stelle sich heute eine Satellitenanlage befindet.

Bis auf eine Höhe von etwa 33 Meter war der Turm öffentlich zugänglich. Besucher konnten von einer umlaufenden Aussichtsplattform den Blick streifen lassen. Der schmiedeeiserne Druckbehälter im Inneren des Turms versorgte die Landgemeinde Steglitz mit rund 2000 Kubikmeter frisch gepumpten Wasser. Das erste Mal am 1. Oktober 1886, als das gerade fertiggestellte Bauwerk seinen Dienst aufnahm.

Wasserturm Fichtenberg: Betrieb bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs

Bis auf kleinere Pannen – in einem der strengeren Winter platzte eines der Zulaufrohre und verwandelte die Schmitt-Ott-Straße in eine Eisbahn – versorgte der Wasserturm die umliegenden Kieze in den nächsten Jahrzehnten zuverlässig. Glücklich war die Gemeinde dennoch nur kurze Zeit, denn die Charlottenburger Wasserwerke strichen vertragsgemäß 95 Prozent der Bruttoerlöse ein, um ihre hohen Investitionssummen wieder einzuspielen.

Steglitz versuchte, sich in den Folgejahren mit einem gemeindeeigenen Wasserwerk und einem zweiten Wasserturm an der Bergstraße unabhängiger zu machen, doch verbuchte bei seinen Bauprojekten immer wieder Rückschläge. Mit der Eingemeindung von Steglitz 1920 durch das Groß-Berlin-Gesetz wurde auch die Wasserversorgung neu geregelt. Der neugeschaffene Bezirk erhielt sein Wasser künftig von den städtischen Wasserwerken und der Wasserturm auf dem Fichtenberg verlor seine zentrale Versorgungsaufgabe. Für den südwestlichen Einzugsbereich blieb er aber bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs weiter in Betrieb.

Wasserturm Fichtenberg: Lost Place in den 1960er-Jahren

Gegen Ende des Krieges wurde der Turm in Mitleidenschaft gezogen. So gingen beispielweise die Schieferplatten zu Bruch, die die Kuppel bedeckten. Der Turm wurde in der Nachkriegszeit notdürftig wieder instandgesetzt und diente bis zum Jahr 1962 der Wasserversorgung. Danach wurde er außer Funktion gesetzt und stand jahrelang leer.

Die Zukunft des altgedienten Wasserturms blieb ohne geeignetes Nachnutzungskonzept lange Zeit ungewiss – und so wurde aus dem Wahrzeichen auf dem Fichtenberg in den 1960er-Jahren ein weithin sichtbarer Lost Place, der nur noch von nistenden Vögeln und Fledermäusen regelmäßig frequentiert wurde. Mit den Jahren litt die Bausubstanz des Turms, der nach dem Wegfall seiner eigentlichen Funktion eine rege Diskussion im Bezirk über den möglichen Abbruch oder eine Weiternutzung unter anderen Vorzeichen auslöste.

Neue Nutzung: Aus dem Wasserturm wird ein Wetterturm

Nach den denkmalpflegerischen Vorgaben des Landeskonservators wurde der Turm, der inzwischen siebzehn Jahre lang leer gestanden hatte, von 1979 bis 1983 umgebaut. Heute sitzen Meteorologen mit bester Aussicht auf das Wetter im entkernten und mit Büros und Fahrstuhl ausgestatteten Turm, der sein äußeres Erscheinungsbild dank Denkmalschutz behalten durfte.

Im Innere des Turms erfolgte nach Totalentkernung ein kompletter Umbau. Statt des Wassertanks wurden sieben Geschosse eingerichtet: Zwei Büroetagen in den oberen Geschossen, darunter Technik- und Archivräume. 1983 zogen die Meteorologen der FU Berlin aus Dahlem in den Wasserturm ein und betreiben seitdem Forschung an der im Turm befindlichen "Wetterstation 10381".

Wetterturm Fichtenberg: Was passiert in der meteorologischen Station?

Berliner Wetterkarte 2016.
Berliner Wetterkarte 2016. © pa

Der Turm beherbergt unter anderem eine Wetterwarte, bei der die Studierenden die Möglichkeit haben, an der Wetterbeobachtung und an praxisnahen studentischen Projekten mitzuarbeiten. Im ehemaligen Wasserturm werden rund um die Uhr Daten wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck, Windstärke und -richtung aufgezeichnet, werden Vorhersagekarten analysiert sowie Hoch- und Tiefdruckgebiete bestimmt und benannt.

Die Dahlemer Klimareihe existiert seit 1908 und ist damit einer der längsten kontinuierlichen Klimareihen weltweit. Rund ums Wetter im Einsatz ist im Turm neben der Freien Universität Berlin auch ihr Kooperationspartner, der gemeinnützige Verein "Berliner Wetterkarte" (BWK), der mit seinem vielseitigen Angebot, die meteorologische Wissenschaft fördert.

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