Berlin. In Pankow lag eine der alten Bäckereien jahrzehntelang still, bis sie aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt wurde. Die wichtigsten Infos.

Die alte Bäckerei in Pankow war für fast einhundert Jahre fest in Familienhand, bevor sie in den 1960er-Jahren ihre Pforten als Backstube schließen musste. Generationen von Pankowern waren in die traditionelle Backstube gepilgert, um die Frühstückstische der guten Stuben mit frischen Spezialitäten aufzufüllen und ofenwarmes Brot zu ergattern. Nach der Schließung versank das ehemalige Traditionshaus größtenteils in einen Dornröschenschlaf – nur bewohnt von der Witwe des letzten Bäckermeisters. In seinem Inneren bewahrte die historische Bäckerei Zeugnisse des alten Berlins und seines traditionellen Bäckereihandwerks. Hier erhalten Sie die wichtigsten Infos zu dem ehemaligen Lost Place.

Das sind die Fakten zur historischen Bäckerei Pankow im Überblick:

  • Adresse: Wollankstraße 130, 13187 Berlin-Pankow
  • Geschichte: 1875 eröffnete die erste Bäckerei in dem 1860 errichteten Gebäude; die Familie Hartmann betrieb die Backstube in drei Generationen bis 1964; ab 2001 denkmalgerechte Sanierung der Bäckerei
  • Führungen: Aus familiären Gründen ist das Museum derzeit geschlossen.
  • Denkmalschutz:Objekt-Nr. 09085255
  • Status: Ehemaliger Lost Place. In der sanierten Backstube wurde ein Museum mit Herberge eingerichtet. Mehr Infos: alte-baeckerei-pankow.de

Wo liegt die Alte Bäckerei Pankow genau?

Das Gebäude befindet sich in der Wollankstraße 130 im Ortsteil Pankow des gleichnamigen Bezirks. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht man den ehemaligen Lost Place am besten vom S-Bahnhof Wollankstraße (S1, S25, S26). Von dort sind es entlang der Wollankstraße Richtung Rathaus Pankow etwa 9 Minuten Fußweg. Fast direkt vor der Tür hält die Buslinie 255 (Haltestelle Wilhelm-Kuhr-Straße).

Lost Places in Pankow

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    Das sind die wichtigsten Etappen der Geschichte der Alten Bäckerei Pankow:

    Ausganglage: Bierschenke in der Gründerzeit

    Noch bevor der Geruch von Brot und frischgebackenen Schrippen durch die Räumlichkeiten der alten Bäckerei in der Wollankstraße – damals hieß sie noch Prinzenstraße – zog, wurde am Ort aus Gerste und Hefe andere Spezialitäten zusammengebraut: Im November 1860 hatte der Pankower Schornsteinfegermeister Carl Friedrich August Illhardt das Gelände erworben und mit einem Wohnhaus mit Seitenflügel und heute nicht mehr erhaltenen Nebengebäude bebauen lassen.

    Ab 1865 wechselte das Grundstück mehrfach den Eigentümer. 1872 erwarb schließlich der Restaurateur Schubert das Anwesen und nutzte es als Ausschank, zum Lagern von Bier und vermutlich auch als Bierbrauerei. In dieser Zeit wurde die architektonische Ausgestaltung im Inneren und an der Fassade des Hauses fertiggestellt. Schon 1875 wechselte der Besitzer erneut – der Bäckermeister Carl Hartmann zog mit seiner Familie ein und erweiterte das Gebäude um einen Treppenbau und einen Backstubenanbau. Der Backbetrieb konnte beginnen.

    Alte Bäckerei Pankow: Schrippen und Brot seit der Kaiserzeit

    Die Bäckerei in der Wollankstraße wurde als Familienbetrieb sehr erfolgreich über drei Generationen geführt. Von seinem Vater Carl Hartmann übernahm Emil Hartmann (1878–1966) die Backstube, die inzwischen mehrere Hilfskräfte im Verkauf und Backgesellen in der Produktion beschäftigte. Mit einem Fuhrwerk brachten die Hartmanns Brot und Brötchen zu Kaufleuten und in Privathaushalte. Sogar in Reinickendorf und Gesundbrunnen warteten Kunden.

    Das Herz der Backstube war der Holzofen – ein Brustfeuerungsofen, der durch mehrere Gesellen gebändigt wurde. Die besondere Herausforderung: mit Feuer, Zug, Schiebern und Klappen eine gleichmäßige Ober- und Unterhitze für die Brotteiglinge zu erzeugen. Schon allein den Ofen zu bestücken, war kein leichtes Unterfangen, da die Ofenklappe – auch Schruft genannt – deutlich unterhalb der mit Schamottesteinen ausgekleideten Herdplatte lag und präzises Arbeiten erforderte. Nach etwa sechzig Minuten waren die Laibe fertig gebacken und das außen krosse Holzofenbrot mit extra weicher Krume bereit für den Verkauf.

    Alte Bäckerei Pankow: Der Enkel übernimmt

    1903 wurde Karl Hartmann als einziger Sohn von Emil Hartmann und seiner Ehefrau Hedwig (1878–1947) geboren. Er trat in die beruflichen Fußstapfen von Vater und Großvater und erlernte das Bäckereihandwerk von der Pike auf. Spielgefährten des Bäckerssohns in seiner Kindheit waren die vielen Tiere, die auf dem Hof an der Wollankstraße gehalten wurden. Hier fanden sich Katzen, Schweine, Pferde und eine Ziege, für die der Vater einen Minikarren anfertigen ließ, mit dem der junge Karl durch die Straßen zog.

    Als Dienstmädchen für Haushalt und Geschäft stieß 1932 Martha Niechzieol zu dem Hartmannschen Bäckereibetrieb. 1939 heirateten Martha und Karl Hartmann in der Alten Pfarrkirche in Pankow. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Nachbarhaus von einer Fliegerbombe zerstört. Wie durch ein Wunder blieb die Alte Bäckerei weitgehend unbeschädigt.

    Alte Bäckerei Pankow: Hochbetrieb bis in die 1960er-Jahre

    Nachdem Karl Hartmann, der eingezogen worden war, aus dem Zweiten Weltkrieg zurückkehrte, nahm er den Bäckereibetrieb an der Wollankstraße wieder auf. Auch das Außerhausgeschäft mit pferdebespannten Brotwagen setzte der Bäckermeister in der DDR-Zeit fort und belieferte die Anwohner mit seinen Spezialitäten.

    Noch heute gibt es sie vereinzelt. Ehemalige Kunden, die sich an den alten Backbetrieb erinnern: Schulkinder kauften die begehrten Streusel- und Zuckerschnecken oder eine "Tüte Ecken und Kanten”. In bester Erinnerung blieb der gute Geruch frischgebackenen Brotes, der aus der Backstube strömte. Oft fanden die Hartmanns eine Lösung, um ihre Kundschaft auch in Notzeiten zufrieden zu stellen. Als es mal keine Schrippen gab, wurden Weißbrotscheiben mit Puderzucker bestreut verkauft.

    Alte Bäckerei Pankow: Teilleerstand der Backstube seit 1964

    Karl Hartmann musste 1964 seine Bäckerei wegen Krankheit schließen. Nur drei Jahre später verstarb er. Seine Witwe Martha überlebte ihn fast vier Jahrzehnte. Sie blieb zwar im Wohnbereich der Alten Bäckerei wohnen – doch weite Teile des Grundstücks und des Bäckereibetriebs versanken mit dem Tod ihres Ehemannes in einen Dornröschenschlaf und blieben als Zeugnisse einer vergangenen Zeit weitgehend unberührt. Die traditionelle Bäckerei wurde zu einem Lost Place mitten in Pankow und das betagte Gebäude zeigte im Laufe der Zeit deutliche Spuren des Verfalls und der Sanierungsbedürftigkeit.

    Alte Bäckerei Pankow: Sanierung und Umbau 2001

    Durch die Sanierung des Gebäudes im Jahr 2001 konnte die "Alte Bäckerei" erhalten werden. Mit Hilfe von öffentlichen Fördermitteln wurden Gebäude und Außenanlagen denkmalgerecht saniert und konnten nach 37 Jahren wieder für den Publikumsverkehr öffnen.

    Heute befinden sich auf dem Areal eine Begegnungsstätte, das Museum für Kindheit in Pankow und eine Schaustelle traditionellen Handwerks mit Brotverkauf sowie eine Gästewohnung. In der alten Backstube im Quergebäude wurde bis Ende 2023 im mächtigen Brustfeuerungsofen in traditioneller Weise gebacken. Am 9. Dezember 2023 wurde die Museumsbäckerei dauerhaft geschlossen, nachdem Bäckermeister Peter Steinhoff in den verdienten Ruhestand geht.

    Im Parterre des Wohnhauses ist die alte Hartmannsche Wohnungseinrichtung ausgestellt, die die Lebensverhältnisse einer Handwerkerfamilie im Dorf Pankow um 1900 zeigt. Das Obergeschoss birgt zahlreiche Sammlungsstücke des Museums für Kindheit. Ein "Raum der Begegnungen" enthält eine kleine Bibliothek und ein Archiv mit Informationen über Pankow und Berlin. In den Gebäuden sind zudem Ausstellungen zum traditionellen Bäckereihandwerk zu sehen.

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