Berlin. Das Umspannwerk Humboldt in Pankow war eine steingewordene Huldigung an die Moderne. Alle Infos zu dem ehemaligen Lost Place.
Das zwischen 1925 und 1926 errichtete Umspannwerk Humboldt bedeutete einen wichtigen Entwicklungsschritt im Stromversorgungskonzept der wachsenden Reichshauptstadt. Die Ordensburg der "Elektropolis" versorgte den Prenzlauer Berg zuverlässig mit Strom; mit seinen Transformatoren und Phasenschiebern wurde das ikonische Bauwerk an der Kopenhagener Straße zum Taktgeber des sich rasant entwickelnden Arbeiterbezirks. Doch mit der Wende kam das Aus. Das Werk wurde stillgelegt und drohte ohne geeignete Nachnutzungskonzepte zu einer gewaltigen Industrieruine zu verkommen. Alle Infos zu dem ehemaligen Lost Place.
Das sind die Fakten zum Umspannwerk Humboldt im Überblick:
- Adresse: Kopenhagener Straße 58–63, 10437 Berlin-Prenzlauer Berg
- Geschichte: Errichtung des Umspannwerks zwischen 1925 und 1926 nach Plänen des Architekten Hans Heinrich Müller (1879–1951). Stilllegung nach der Wende in den 1990er-Jahren.
- Führungen: Keine
- Denkmalschutz: Objekt-Nr. 09065209
- Status: Ehemaliger Lost Place. Denkmalgerechte Sanierungen ab dem Jahr 2007.
Wo liegt das Umspannwerk Humboldt genau?
Das Umspannwerk Humboldt liegt an der Kopenhagener Straße 58–63 im Ortsteil Prenzlauer Berg des Bezirks Pankow. Das Gelände kann mit öffentlichen Verkehrsmitteln am besten mit den S- und U-Bahnlinien S41, S42, S8, S85, U2 und der Tram M1 (Haltestelle Schönhauser Allee) erreicht werden. Vom S- und U-Bahnhof ist es ein etwa achtminütiger Fußweg entlang der Kopenhagener Straße bis zum Werksgelände.
Achtung vor den S-Bahngleisen: Das Betreten von Bahnanlagen ist generell verboten und lebensgefährlich.
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Das sind die wichtigsten Etappen der Geschichte des Umspannwerks Humboldt:
Ausgangslage: Die boomende Elektrifizierung der Hauptstadt
Anfang des 20. Jahrhunderts versorgten zwei Kraftwerke – das Kraftwerk Moabit und das Großkraftwerk Oberspree – die elektrizitätshungrige Hauptstadt mit Strom. Schon bald entwickelte sich Berlin zu einem Hotspot der Elektrizitätswirtschaft und in den späten 1920er- und frühen 1930er-Jahren – so titelte die York Times – zur "best-beleuchteten Stadt der Welt".
Um das glitzernde und leuchtende Wunder an der Spree zu ermöglichen, war eine kontinuierliche Erneuerung des stets aus- und nicht selten überlasteten Stromnetzes erforderlich. Das Umspannwerk Humboldt wurde als Teil eines Netzwerks von 18 Umspannwerken errichtet, die in den 1920er-Jahren den flächendeckenden Ausbau der öffentlichen Elektrizitätsversorgung Berlins sicherstellen sollten.
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Umspannwerk Humboldt: Das war die Aufgabe der neuen Werke
In den neu gebauten Umspannwerken, die sich als Netz über die Hauptstadt spannten, erfolgt die Transformation der elektrischen Energie zwischen den Spannungsebenen. Der 30.000-V-Drehstrom der städtischen Kraftwerke wurde für industrielle Abnehmer auf 6.000 Volt abgespannt. Dazu waren riesige Hallen von Transformatoren nötig, die durch Öl und Luft gekühlt werden mussten.
In den Umspannwerken befanden sich Einrichtungen zur Mess- und Regeltechnik und Schaltanlagen als "Knotenpunkte", in denen die eigentliche Stromverteilung und das Zusammenfassen von Lasten und Verbrauchern erfolgte. Abnehmer für den Strom der Umspannwerke waren unter anderem die U-Bahn und die Straßenbahnen in Berlin. Über weitere Zwischenstationen wurde die Straßenbeleuchtung, Kleinindustrien und Haushalte versorgt.
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Umspannwerk Humboldt: Eine Ordensburg für den Prenzlauer Berg
Das Umspannwerk Humboldt wurde 1925/1926 nach Plänen des Bewag-Hausarchitekten Hans Heinrich Müller gebaut und gehörte zu den ersten und größten Werken, die in den Stadtteilen fertiggestellt wurden. Das majestätische rote Backsteingebäude wirkt wie eine Burg – umgeben von den wilhelminischen Mietskasernen des Gleimkiezes.
Das war kein Zufall: Mitte der 1920er-Jahre begeisterte sich Müller für die Architektur der Marienburg, des größten gotischen Backsteinbau Europas. In seinen Plänen für das Umspannwerk in Prenzlauer Berg griff er viele architektonische Stilmittel der mittelalterlichen Burg auf: Massive, mit rotem Klinker verkleidete Backsteinmauern umrahmten verdeckte Innenhöfe. Das Eingangsportal des Umspannwerks zierten Spitzbögen und zwei Brücken verbanden die mittig im Innenhof liegende Schaltwarte mit den Werkshallen.
Doch bei aller Backsteinromantik lag der Hauptaugenmerk Müllers auf der Funktionalität. Mit dem Umspannwerk Humboldt entwarf er eine hochmoderne und sehr effiziente Industriestätte für die "Elektropolis" Berlin.
Umspannwerk Humboldt: So war die Anlage aufgebaut
Die Anlage besteht aus vier um einen Hof angelegte, fast symmetrische Gebäudeflügel. An der Nordseite befindet sich längs der Kopenhagener Straße die Phasenschieberhalle, in der es Querregler ermöglichten, den Strom in mehreren Stufen zu dosieren und zu lenken. In den L-förmigen Kopfbauten, die die Mittelhalle um zwei Stockwerke überragten, waren Verwaltungsräume untergebracht. Im östlichen Bau waren außerdem Kondensatoren installiert. Im westlichen Bau befanden sich neben Büros auch Werkswohnungen für die Belegschaft.
Die Südseite des Umspannwerks wird von der parallel liegenden, deutlich höheren Schalterhalle dominiert, die in ihrer Bauform an eine Basilika mit Seitenschiff, Querhaus und zurückspringendem Mittelschiff erinnert. Sie beherbergte die Spannungsschaltanlagen des Werks: Die dreistöckige 6-Kilovolt-Anlage und dahinter die zweistöckige 30-Kilovolt-Anlage. Zwei Brücken verbinden die mittig im Innenhof liegende ovale Schaltwarte mit den Werkshallen. Von hier aus wurden die Anlagen des Abspannwerkes zentral gesteuert und überwacht.
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Umspannwerk Humboldt: Summender Bienenstock für mehr als sechs Jahrzehnte
Mit der Verbindung der Kraftwerke und den Abspannwerken in den Berliner Stadtteilen konnte die Versorgungssicherheit Berlins bedeutend gesteigert werden. Ab der feierlichen Eröffnung 1926 lieferte das Umspannwerk Humboldt verlässlich Strom. Es überstand den Zweiten Weltkrieg ohne größere Schäden und blieb auch in der DDR weiter in Betrieb.
In seiner Kurzgeschichte "Der Weg nach Bornholm" ließ Durs Grünbein seine Hauptfigur Rufus Rebhuhn am Abend des Mauerfalls über das Umspannwerk Humboldt nach Westberlin schauen und beschrieb die Betriebsgeräusche der "großen Transformatorenhalle, die nachts wie ein Bienenstock summte." Erst nach mehr als sechs Jahrzehnten Betriebszeit kam mit der Wende das Aus.
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Umspannwerk Humboldt: Lost Place nach der Wende
1993 legte die Bewag das Umspannwerk still und die Backsteinburg an der Kopenhagener Straße wurde zu einem Lost Place, deren Zukunft unklar war. Es gab zwar noch Zwischennutzungen einzelner Gebäudeteile: Die Bewag nutzte in den 1990er-Jahren die Verwaltungsräume des Werks noch für einige Jahre; die Phasenschieberhalle wurde von 2000 bis 2004 als Dependance des Vitra Design Museums für Wechselausstellungen genutzt, doch es fehlte an einem Nachnutzungskonzept, um den Erhalt des denkmalgeschützten Gebäudes langfristig sicherzustellen. In der Zwischenzeit waren die verlassenen Hallen und Werksräume des imposanten Gebäudeensembles dem Verfall ausgesetzt.
Umspannwerk Humboldt: Umbau zu Büroflächen ab 2007
Im Jahr 2007 verkaufte der Bewag-Nachfolger Vattenfall das Gebäude an ein kanadisch-US-amerikanisches Joint Venture, welches die Gebäude als Bürokomplex vermietete. In dieser Zeit hatte unter anderem der Onlinehändler Zalando seiner Berliner Zentrale im Umspannwerk Humboldt. Seitdem wechseln sich die Besitzer der Luxusimmobilie im Herzen des Gleimviertels ab. Zuletzt wurden die Innenräume des Umspannwerkes weiter umgebaut und dienten dem Onlinebuchungsportal GetYourGuide als Firmensitz.
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