Einst residierten hier Terrorschergen, doch längst verfällt die ehemalige Irakische Botschaft. Ihr morbider Charme verfängt noch immer.

  • Die ehemalige Irakische Botschaft in Berlin-Pankow verfällt seit 32 Jahren
  • Der Zutritt ist verboten. Doch der "Lost Place" fasziniert immer noch
  • Was hat die alte Botschaft mit den Terrorbrigaden eines ruchlosen Diktators zu tun?
  • Das ist die Geschichte der ehemaligen Irakischen Botschaft an der Tschaikowskistraße

Berlin. Mutmaßliches Terrornest, DDR-Plattenbau-Monstrum und schaurige Kulisse für Horrorfilme: Die ehemalige Irakische Botschaft im Pankower Ortseil Niederschönhausen ist eine Paradebeispiel, warum sogenannte "Lost Places" Abenteuerlustige und Hobbyfotografen in ihren Bann ziehen. Seit 1991 verfällt das einstige Diplomaten-Domizil an der Tschaikowskistraße und fasziniert mit seinem morbiden Charme. Hier erhalten Sie alle wichtigen Informationen zur Geschichte des "Lost Place" in Berlin:

Die Fakten zur ehemaligen Irakischen Botschaft in Berlin-Pankow im Überblick:

  • Adresse: Tschaikowskistraße 51, 13156 Berlin-Niederschönhausen (Pankow)
  • Geschichte: Eröffnung 1974; Schließung im Jahr 1991
  • Status: Aktueller Lost Place. Das Gebäude ist verfallen und unzureichend gesichert, sodass es immer wieder zu Graffitischäden kommt.
  • Führungen: Keine. Das Betreten des Geländes ist verboten.
  • Zukunft: Keine aktuellen Pläne

Das sind die wichtigsten Etappen der Geschichte der ehemaligen Botschaft Iraks in der DDR:

Alte Irakische Botschaft in Berlin-Pankow: Geschichte, Architektur, Verfall

Beton-Zombie mit Klinkerschmuck: Die alte Irakische Botschaft an der  Tschaikowskistraße 51 in Pankow  (Archivbild).
Beton-Zombie mit Klinkerschmuck: Die alte Irakische Botschaft an der Tschaikowskistraße 51 in Pankow (Archivbild). © picture alliance/ZB/Jens Kalaene

Der Bau wurde 1974 an der Tschaikowskistraße am östlichen Zipfel des Volksparks Schönholzer Heide eröffnet und gehörte zu einer ganzen Reihe von Botschaftsbauten des damals rasch wachsenden Diplomatenviertels. In direkter Nachbarschaft befanden sich die Botschaften Frankreichs, Italiens, Polens und Australiens. Die Beziehung zwischen der DDR und dem Irak hatte zur damaligen Zeit etwas Singuläres: Der Irak war der erste nicht-sozialistische Staat, der die DDR völkerrechtlich anerkannte.

Weniger besonders gestaltete sich hingegen die Architektur der Botschaft: Sie erfolgte nach typisierter Plattenbau-Fertigung und Vorlagen des Architekten Horst Bauer, der etwa auch für den Bau des berühmten Café Moskau an der Karl-Marx-Allee verantwortlich war.

Nach Mauerfall und zweitem Golfkrieg verließen irakische Diplomaten 1991 die Bundesrepublik. Seitdem steht das Gebäude leer und ist dem Verfall preisgegeben. Denn: Irakische Diplomaten nutzen seit 2010 eine Villa an der Pacelliallee in Dahlem als Botschaftsgebäue.

Pankow: Ehemalige Botschaft des Iraks als Terror- und Agentennest?

Ein arabisches Schriftstück in einem verrosteten Papierschredder in der ehemaligen Irakischen Botschaft.
Ein arabisches Schriftstück in einem verrosteten Papierschredder in der ehemaligen Irakischen Botschaft. © picture alliance/zb/Matthias Tödt

Was macht die ehemalige Irakische Botschaft an der Tschaikowskistraße auch heute noch so faszinierend? Sicherlich auch, dass hinter den wuchtigen Beton-Platten möglicherweise Terrorpläne ausgeheckt und Anschläge vorbereitet wurden. Denn die DDR gewährte arabischen Kämpfern des damaligen irakischen Diktators Saddam Hussein Unterschlupf, heißt es in diversen historischen Berichten. So meldete der "Spiegel" 1991, die Botschaft habe bis zur Wende als "Drehscheibe für Saddams Terrorbrigaden" gegolten. Mehr noch: Nach Geheimdienstinformationen waren in der ehemaligen Irakischen Botschaft massenhaft Waffen und Sprengstoff eingelagert, so das Magazin.

Die Iraker hätten demnach über ihre Botschaft unbehelligt von der Stasi einen Sprengstoffkoffer in den Westen schleusen können, heißt es in dem Bericht weiter. Mit der Bombe sollten Teilnehmer einer oppositionellen irakisch-kurdischen Studentenversammlung getötet werden. Der Plan scheiterte, die Täter stellten sich vor der Detonation der Polizei.

Lost Places in Pankow

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    Die ehemalige Irakische Botschaft heute: ein schauriger "Lost Place" – und streng verboten

    Ein zerrisenes Bild des ehemaligen irakischen Diktators Saddam Hussein liegt am 20.5.2003 auf umgeworfenen Möbelstücken in der ehemaligen irakischen Botschaft.
    Ein zerrisenes Bild des ehemaligen irakischen Diktators Saddam Hussein liegt am 20.5.2003 auf umgeworfenen Möbelstücken in der ehemaligen irakischen Botschaft. © picture-alliance/dpa/Miguel Villagran

    Seit 32 Jahren steht das Beton-Ungetüm nun leer. Bilder bei Instagram zeigen indes, dass Hobby-Fotografen das Botschaftsgebäude auch aktuell als Kulisse für ihre Fotos nutzen. Dabei lassen sie sich nicht abschrecken von unmissverständlichen Hinweisen auf Schildern, die im Garten der Botschaft platziert sind: "Privatgrundstück. Betreten verboten! Das Gebäude ist Eigentum der Botschaft der Republik Irak in Berlin und genießt diplomatische Immunität. Die betretende Person haftet rechtlich für den unbefugten Zutritt. Eltern haften für ihre Kinder!"

    Was sich also im Inneren des Gebäudes befindet, lässt sich nur über historische Fotos oder aktuelle Instagram-Bilder erschließen. Eine umfangreiche Foto-Reportage aus dem Jahre 2015 (siehe Bildergalerie oben) zeigt etwa etliche arabisch-sprachige Akten und Propaganda-Material mit dem Konterfei von Saddam Hussein. Die ehemaligen Büros sind verwüstet und mit Graffiti überzogen. Liebhaber vorsintflutlicher Büro-Geräte kommen beim Anblick von Schreibmaschinen oder Schreddern ins Schwärmen. Vermeintlich neuere Aufnahmen zeigen: Daran hat sich bis heute kaum etwas verändert.

    Wer einen - zugegeben stark inszenierten - Eindruck vom Zustand der Botschaft erhalten möchte: Im Jahr 2009 wurde ein Musikvideo in dem Gebäude produziert. Das Video finden Sie hier:

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    Zukünftige Nutzung der ehemaligen Irakischen Botschaft in Pankow offen

    Was aus dem "Lost Place" wird, ist aktuell offen. Morgenpost-Anfragen an die Irakische Botschaft in Dahlem blieben unbeantwortet. Sobald aktuelle Informationen über mögliche Pläne vorliegen, erfolgt an dieser Stelle eine Aktualisierung des Artikels.

    Eigentümerin des Grundstücks ist die Bundesrepublik Deutschland und die zuständige Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA). Die Republik Irak hat ein unbefristetes Nutzungsrecht, das auch aktuell weiter gilt, wie die BImA auf Morgenpost-Anfrage mitteilte.

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