Berlin. Ehemals eine noble Heilanstalt verfiel das Parksanatorium in Pankow nach der Wende zu einer Ruine. Die Infos zum ehemaligen Lost Place.

Vielen Pankowern ist sie ein Begriff: die alte schlossähnliche Villa an der Dusekestraße 43. Jahrelang machte das stattliche Anwesen einen traurigen Eindruck und verfiel als Lost Place zu einer Ruine. In ihren Hochzeiten dagegen war sie ein vielbesuchter Anlaufpunkt von Millionären, Aristokraten und Stars aus dem In- und Ausland, die in dem Sanatorium im beschaulichen Pankow Erholung suchten. Sie gönnten sich im exklusiven Badehaus Lichtbogenbäder, kurierten sich von kleineren Nervenleiden, wanderten durch den weitläufigen Park und belegten die Luxussuiten des Parksanatoriums. Alle Infos zu dem Lost Place.

Das sind die Fakten zum Parksanatorium Pankow im Überblick:

  • Adresse: Dusekestraße 43, 13187 Berlin-Pankow
  • Geschichte: 1899/1900 nach Plänen der Architekten Friedrich Kristeller und Hugo Sonnenthal errichtet; zwischen 1900 und 1918 als Parksanatorium; nach dem Ersten Weltkrieg Sitz des Finanzamtes; nach dem Zweiten Weltkrieg Sitz einer Volkspolizei-Dienststelle und einer Abteilung des Stadtbezirksbauamtes; nach der Wende Sitz des Sozialamtes Pankow; ab 2004 Leerstand
  • Führungen: keine
  • Denkmalschutz: Objekt-Nr. 09085344
  • Status: ehemaliger Lost Place. Ab 2012 Sanierung und Ausbau zu Eigentumswohnungen

Wo liegt das ehemalige Parksanatorium Pankow genau?

Das ehemalige Parksanatorium Pankow liegt in der Dusekestraße 43 im Stadtteil Pankow des gleichnamigen Bezirks. Das Areal ist mit den öffentlichen Verkehrsmitteln am besten mit den Buslinien 155, 250 und 255 oder der Straßenbahn M1 (Haltestelle Rathaus Pankow) zu erreichen. Von der Haltestelle ist es ein rund fünfminütiger Fußweg entlang der Breiten Straße und des Bleichröderparks bis zu dem Grundstück. Alternativ kann der S- und U-Bahnhof Pankow (S2, S8, S85, U2) genutzt werden, von dem man etwa sechs Minuten benötigt.

Lost Places in Pankow

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    Das sind die wichtigsten Etappen der Geschichte des Parksanatoriums Pankow:

    Ausgangslage: Pankow als Kurort von Berlins "besserer Gesellschaft"

    "Gruss aus Pankow": Die Landgemeinde war im 19. Jahrhundert mit ihren vielen Gaststätten und Wirtshäusern ein beliebtes Ausflugsziel im Norden Berlins © picture alliance / arkivi | - | picture alliance / arkivi | -

    Pankow – damals noch vor den Toren Berlins gelegen – mauserte sich im 19. Jahrhundert zum beliebten Ausflugsziel gestresster Berliner. Lokale und Biergärten schossen aus dem Boden wie der "Dorfkrug" oder das Gartenrestaurant im Bürgerpark. Ende des 19. Jahrhunderts zählte die Landgemeinde zu den wohlhabendsten Orten im Berliner Umland. Immer mehr Städter ließen sich hier nieder und verwandelten Pankow während des Gründerzeit-Booms zu einem attraktiven Villenvorort.

    Im Zentrum rund um den alten Dorfanger siedelten sich in dieser Zeit private Heilstätten und Sanatorien an. Das bevorzugte Klientel: gutsituierte Patienten mit leichten Nervenstörungen und Gemütskranke aus reichen Familien. Zeitweise konkurrierten sieben Heilanstalten in Pankow um die vermögenden Kurgäste. Eine der renommiertesten: die Nervenklinik des Charité-Psychiaters Dr. Emanuel Mendel in der Breiten Straße 44, in der Sigmund Freud (1856–1939) in den 1880er-Jahren hospitiert hatte.

    Parksanatorium Pankow: Ein Ort für Luxus und Wellness

    Thomas Mann ließ seine Leser im
    Thomas Mann ließ seine Leser im "Zauberberg" (1924) einen literarischen Blick in das Innere eines Luxussanatoriums im frühen 20. Jahrhundert werfen. Im Bild eine Filmszene aus Hans W. Geißendörfers Verfilmung aus dem Jahr 1982.

    Nur ein Katzensprung entfernt lag das Anwesen des Arztes Rudolf Gnauck in der Breiten Straße 32. Dort hatte der Mediziner 1884 ein Kurhaus für Nervenkranke eröffnet und sich vornehmlich auf die Behandlung weiblicher Patienten spezialisiert. In den 1890er-Jahren erwarb die Deutsche Immobilien-Syndikat GmbH die Gnaucksche Anstalt und plante im rückwärtigen Teil des riesigen Grundstücks die Errichtung einer neuen Privatklinik: Das Parksanatorium an der Mühlenstraße sollte alle bisherigen Heilstätten in Pankow im Bereich von Ausstattung, Komfort und Luxus weit in den Schatten stellen.

    Die Immobilienfirma beauftragte die Berliner Jugendstil-Architekten Friedrich Kristeller und Hugo Sonnenthal. Ihre Entwürfe sahen einen schlossartigen Baukörper mit Türmen und Erker im Stile des Neobarock und Jugendstils vor. Für die Umgebung war eine weitläufige Parklandschaft vorgesehen. Der Bau wurde in den Jahren 1899 und 1900 fertiggestellt. "Das Sanatorium", so beschrieben es später die leitenden Ärzte Adolf Blitz und Bernhard Westheimer, "liegt in dem schönsten Teile Pankows, welches sich gerade hier durch die Nachbarschaft gartenreicher Villen alter Berliner Familien seinen ländlichen, villegiaturähnlichen Charakter bewahrt hat."

    Parksanatorium Pankow: Modernste Ausstattung und Heilmethoden

    Hydrotherapien und Wasserbehandlungen waren Anfang des 20. Jahrhunderts groß in Mode. Das Foto zeigt eine Unterwasserbehandlung mit Bademeister in Deutschland um 1939.
    Hydrotherapien und Wasserbehandlungen waren Anfang des 20. Jahrhunderts groß in Mode. Das Foto zeigt eine Unterwasserbehandlung mit Bademeister in Deutschland um 1939. © picture alliance/VisualEyze/United Archives | Pincornell | picture alliance/VisualEyze/United Archives | Pincornell

    Geradezu opulent wirkte das Innere: Die Patienten erwartete lichtdurchflutete Räume mit Deckenhöhen von teilweise mehr als vier Metern, kunstvoller Stuck an den Decken, Wandverkleidungen aus edlem Holz und modernste Einrichtung. Doch nicht nur das Mobiliar beeindruckte, auch die technische Ausstattung des Sanatoriums war erstklassig. Während die Wohnräume der Patienten in den ersten beiden Obergeschossen lagen, befanden sich die Behandlungsräume im Souterrain und Hochparterre des Gebäudes.

    Im Sanatorium fanden Therapien mit Wassergüssen, Gymnastik, Massagen, Elektrotherapien und spezieller Ernährung statt. Eine Besonderheit war das getrennte Badehaus, das sich gesäumt von Terrassen und Ruheinseln entlang der Ostflanke des Grundstücks erstreckte. Dort standen den Patienten verschiedene hydrotherapeutische Anwendungen zur Verfügung – darunter elektrische Wannen-, Glühlicht- und Lichtbogenbäder. Ein weitläufiger Park mit Gärtnerei und eine hauseigene Fotowerkstatt dienten der Freizeitbeschäftigung.

    Parksanatorium Pankow: Finanzprüfer ziehen in die Villa ein

    Das 1900 eröffnete Sanatorium erwarb sich recht schnell einen exzellenten Ruf bei Kurgästen und Reha-Patienten über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus – ein nicht unerheblicher Teil der Gäste reiste regelmäßig aus dem russischen Zarenreich an. Doch die Kalkulation war fragil: Mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs fehlte das internationale Publikum und der wirtschaftliche Niedergang in den Kriegsjahren bedeutete das endgültige Ende der Luxus-Heilanstalt. Die Kurgäste blieben aus und das Parksanatorium musste 1918 seine Pforten schließen.

    Die prachtvolle Villa in Pankow stand nun das erste Mal leer: Pläne, eine Schule in dem Gebäude zu eröffnen, scheiterten. Ein Teil der Anlage wurde in den Nachkriegsjahren noch als Entbindungsklinik genutzt. 1919 zog außerdem das Finanzamt Niederbarnim mit einer Dependance in das Gebäude. Nachdem Pankow durch das Groß-Berlin-Gesetz 1920 zusammen mit anderen Vororten in das Stadtgebiet Berlins eingemeindet worden war, wurde die Behörde in der Villa Teil des Finanzamtes Nord und später des Finanzamtes Pankow.

    Parksanatorium Pankow: Wechselnde Nutzung in der DDR-Zeit

    Anfang der 1930er-Jahre wurde im hinteren Teil der Grundstücks Breite Straße 32 die Straßenführung verändert. Die neue Dusekestraße verband nun die Mühlen- mit der Schulstraße am heutigen Bleichröder Park. Damit erhielt das Gebäude des Parksanatoriums im Süden an der Dusekestraße 43 einen Straßenzugang. Mit dem Beschluss zur Neuregelung der Finanzämter in Berlin wurde das Finanzamt Nord 1934 aufgehoben und Neubauten in Pankow und Reinickendorf beschlossen. Doch der Plan auf dem Grundstück der ehemaligen Villa Bleichröder an der Breiten Straße 33 einen repräsentativen Neubau zu errichten, kam nicht mehr zustande. Bis zum Ende des Krieges blieb das ehemalige Sanatorium Sitz des Finanzamtes.

    Während des Zweiten Weltkriegs nahm das Villengebäude keine nennenswerten Schäden. Das Finanzamt blieb in der Nachkriegszeit bis 1949 auf dem Grundstück ansässig. In der DDR-Zeit war die Villa und das Badehaus ab 1949 zeitweise eine Dienststelle der Volkspolizei, beherbergte einen Kindergarten und war später Sitz der Verwaltung des VEB "Baureparaturen Pankow". Der Staatsbetrieb war der Bezirksverwaltung angegliedert und kümmerte sich um den Altbaubestand im Kiez – augenscheinlich aber wenig um die Bausubstanz des eigenen Dienstsitzes.

    Parksanatorium Pankow: Lost Place nach der Wende

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    Als in der Wendezeit das Sozialamt Pankow 1990 die Räumlichkeiten übernahm, war das Objekt bereits in einem sanierungsbedürftigen Zustand. Vierzehn Jahre blieb die Villa Standort des Sozialamtes, bis mit der Berliner Bezirksreform, Pankow mit den Nachbarbezirken Prenzlauer Berg und Weißensee fusionierte und ein gemeinsames Sozialamt in der Fröbelstraße entstand. Die Räumlichkeiten im ehemaligen Parksanatorium wurden nicht mehr benötigt und 2004 aufgegeben; das Gebäude an den Berliner Liegenschaftsfond übertragen.

    Viele Jahre stand das einst herrschaftliche Haus an der Dusekestraße in der Folgezeit leer: Die Bausubstanz litt unter Witterung und Vandalismus, der Putz bröckelte von der Fassade, der Park verwilderte. Die Fassaden und Innenwände waren großflächig übersät mit Graffiti, Fensterscheiben eingeschlagen und am Boden sammelte sich Dreck und Schutt verfallener Einbauten und eingestürzter Wandteile. Die ehemals stolze Heilstätte für gutbetuchte Kurgäste aus dem In- und Ausland verkam mitten in Pankow über die Jahre zu einer modernen Ruine, bei der man sich bei weiterem Verfall Sorgen um die Statik hätte machen müssen.

    Parksanatorium Pankow: Sanierung in den 2010er-Jahren

    Nach einem öffentlichen Bieterverfahren verkaufte der Liegenschaftsfonds die Villa 2011 an die Nürnberger Terraplan-Gruppe. Ab 2012 wurde das ehemalige Parksanatorium denkmalgerecht saniert: Die noch vorhandenen Stuckreliefs wurden restauriert, die beschädigten Fenster nach historischem Vorbild erneuert. Die Ausstattung mit Holzvertäfelung, Deckenstuck und Bodenfliesen im Foyer blieb erhalten und wurde aufgearbeitet. 2014 wurden 27 Eigentumswohnungen, die im Rahmen der Sanierung und des Umbaus entstanden, bezugsfertig.

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