Berlin. Am Ostpreußendamm rottete eine Seniorenwohnanlage jahrelang vor sich hin. Die wichtigsten Infos zu dem ehemaligen Lost Place.
In Steglitz-Zehlendorf siechte ein ehemaliges Seniorenheim am Ostpreußendamm jahrelang vor sich hin. Seit 2009 stand die Immobilie leer und bot zuletzt einen traurigen Eindruck. Der Verfall des Hauses war nicht mehr zu übersehen. Anwohner, die mit dem Auto vorbeifuhren, sahen den Zustand mit Sorge und ärgerten sich über Stillstand und Verwahrlosung. Wie konnte das einst stolze Anwesen in einen so jämmerlichen Zustand verfallen? Und welche Pläne gibt es für die Zukunft? Die wichtigsten Infos zu dem ehemaligen Lost Place.
Das sind die Fakten zum Seniorenheim Ostpreußendamm im Überblick:
- Adresse: Ostpreußendamm 31, 12207-Berlin-Lichterfelde
- Geschichte: Erste Bebauung des Grundstücks 1911/1912 durch den Industriellen Eduard Zintgraff; Neubau eines städtischen Seniorenheims in den 1960er-Jahren, Leerstand seit den 2000er-Jahren und Verkauf der Immobilie 2011 an einen privaten Investor
- Führungen: Keine. Es handelt sich um Privatgelände
- Denkmalschutz: Nein
- Status: Ehemaliger Lost Place. 2023 begannen die Arbeiten an einem Pflegeheim-Neubau
Wo liegt das ehemalige Seniorenheim genau?
Das Grundstück liegt am Ostpreußendamm 31 im Ortsteil Lichterfeld des Bezirks Steglitz-Zehlendorf. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist das Anwesen am besten mit den Buslinien 186 und 380 zu erreichen (Haltestelle Herwarthstraße). Das Grundstück befindet sich direkt an der Haltestelle. Das Betreten ist nicht erlaubt, aber das Gebäude kann vom öffentlichen Straßenraum aus eingesehen werden. Auch interessant: Lost Places: Diese Strafen drohen bei Hausfriedensbruch
Das sind die wichtigsten Etappen der Geschichte des Seniorenheims Ostpreußendamm:
Ausgangslage: Sanierung der städtischen Wohnanlage zu teuer
Seit mehr als zehn Jahren stand sie leer – die ehemalige Seniorenwohnanlage "Dr. Peter Bloch" am Ostpreußendamm 31 in Lichterfelde. Der Bezirk hatte das städtische Seniorenheim betrieben, später geschlossen und die Immobilie verkauft, weil es nicht mehr den geltenden Kriterien für den Betrieb einer Seniorenwohnanlage entsprach. Es hätte saniert, modernisiert und umgebaut werden müssen. Doch dafür war kein Geld da. Aus diesem Grund gab der Bezirk das Wohnheim mit 47 Einheiten auf und verkaufte es 2011 an einen privaten Eigentümer. Danach passierte lange Zeit nichts mehr auf dem einst stattlichen Anwesen.
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Seniorenheim Ostpreußendamm: Erste Bebauung in den 1910er-Jahren
Das Grundstück am Ostpreußendamm, auf dem das spätere Seniorenheim errichtet wurde, reichte einst von der Straße bis fast zum Teltowkanal. Der Kanal war – gar nicht so lange vor der ersten Bebauung auf dem Grundstück – zwischen 1900 und 1906 angelegt worden. Damals hieß der Ostpreußendamm noch Berliner Straße und Lichterfelde war eine eigenständige Villenkolonie vor den Toren Berlins. Im rückwärtigen Teil grenzte das Grundstück an eine Parkanlage, die später dem Flugpionier Otto Lilienthal (1848–1896) gewidmet wurde.
Anfang der 1910er-Jahre erwarb der Unternehmer Eduard Zintgraff das Baugrundstück und ließ sich bis 1912 ein prunkvolles Wohnhaus zur Straßenfront hin errichten. Das übrige Baugrundstück wurde für den Herrn Direktor als parkähnlicher Garten hergerichtet. Zintgraff war Metallbank-Direktor und bis 1930 Geschäftsführer und Vorstandsmitglied der Heddernheimer Kupferwerke und Süddeutsche Kabelwerke GmbH in Frankfurt am Main, einem der größten metallverarbeitenden Unternehmen Deutschlands.
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Seniorenheim Ostpreußendamm: Wohngebäude bis in die Nachkriegszeit
1920 wurde Lichterfelde mit dem Groß-Berlin-Gesetz in das Stadtgebiet eingemeindet, und der industrielle Eigentümer bezog ein neues Anwesen in Schöneberg. Die Verwaltung an der Berliner Straße überließ Zintgraff seinem Gärtner, der seit den 1910er-Jahren eine Bleibe auf dem Grundstück bezogen hatte. Dazu kam ein Hausmeister namens Bierski und zunächst wenige handverlesene Mieter – wie die betagte Witwe Herzfeld und der Kaufmann Jakob Marcus.
Ende der 1920er-Jahre zog es Zintgraff, inzwischen Generaldirektor und Vorstandsmitglied der Metallurgischen Gesellschaft AG, nach Frankfurt am Main und er veräußerte sein Anwesen an den vormaligen Mieter Jakob Marcus. Marcus blieb Eigentümer der Immobilie, bis die rassenideologischen Verfolgungen im Nationalsozialismus den 64-Jährigen im September 1939 in den Tod trieben und er sich selbst das Leben nahm. Sein Sohn Robert Leo Marcus hatte es kurz zuvor geschafft, Deutschland zu verlassen und sich nach Kuba zu retten. Neuer Eigentümer des Grundstücks an der Berliner Straße wurde der Fabrikbesitzer Ludwig Ley.
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Seniorenheim Ostpreußendamm: Abriss in den 1950er-Jahren
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs fiel das Grundstück in den Besitz der Stadt Berlin. Das vermutlich kriegsbeschädigte Anwesen wurde Ende der 1950er-Jahre abgerissen. Anfang der 1960er-Jahre wurde statt der Industriellenvilla ein Neubau errichtet und der rückwärtige Garten in eine Parkanlage verwandelt. Das Bauwerk hatte nun einen L-förmigen Grundriss mit einer Frontseite zur Straße und einer weiteren Gebäudefront zum Nachbargrundstück am Ostpreußendamm 30. Vom Gebäude verlängert schlängelte sich ein angelegter Rundweg über das gesamte Areal des Grundstücks bis zum Lilienthal-Park im Nordwesten.
Die städtische Immobilie am Ostpreußendamm 31 wurde als Altenheim geführt. Mitte der 1980er-Jahre firmierte das Areal als Seniorenwohnhaus und -freizeitstelle, bevor das Haus zu Ehren des 1984 verstorbenen Politikers Ende der 1980er-Jahre den Namen "Dr.-Peter-Bloch-Seniorenwohnhaus" erhielt. Der Namenspatron des Heims war von 1959 bis 1965 CDU-Bezirksbürgermeister von Steglitz gewesen. Das Wohnheim hielt 47 überwiegend sehr kleine Wohneinheiten mit Einzimmerwohnungen von durchschnittlich 26 Quadratmetern bereit und verfügte nur über Gemeinschaftsbäder.
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Seniorenheim Ostpreußendamm: Zunehmender Sanierungsstau in den 2000er-Jahren
Bis zur Jahrtausendwende wurde das Seniorenheim in Lichterfelde immer unbeliebter. Mit dem Ausbleiben neuer Bewohner mehrte sich der Leerstand. Die kleinen, dunklen Wohnungen und die übrige Ausstattung des Gebäudekomplexes entsprachen nicht mehr den Bedürfnissen der Zeit und wurde modernen Ansprüchen für den Betrieb einer Seniorenwohnanlage nicht mehr gerecht. Auch der bauliche Zustand des dreigeschossigen 60er-Jahre-Flachbaus hätte immer dringender einer Sanierung bedurft. Doch dem Bezirk fehlten die Mittel.
Im Jahr 2003 wurden noch einmal dringend anstehende Renovierungen in einzelnen Wohneinheiten durchgeführt. Doch das Gebäude hatte seine besten Tage als Wohnheim gesehen. Die Leerstandsquote ging von 18,5 Prozent (2004) immer weiter nach oben und 2009 stand die Immobilie, der man den Sanierungsstau inzwischen deutlich ansah, gänzlich leer. Um weitere Kosten zu vermeiden, entschied sich der Bezirk 2011, das Grundstück zu verkaufen.
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Seniorenheim Ostpreußendamm: Das Gebäude wird zum Lost Place
Doch auch nach dem Verkauf an einen privaten Investor tat sich auf dem knapp 4000 Quadratmeter großen Grundstück am Ostpreußendamm 31 erst einmal nichts: Keine Bagger und Abrissfirmen rückten an, keine Baukräne und Betonmischer kündigten die Errichtung eines Neubaus an. Stattdessen glich die verlassene Immobilie mit den Jahren immer mehr einer modernen Ruine.
Das leerstehende Gebäude bot einen trostlosen Anblick: Die Balkone und Fassaden waren mit Graffiti besprüht, das Unkraut wucherte mannshoch und auch der Putz an der Außenwand begann bereits zu bröckeln. Im Inneren sah es nicht besser aus. Verfall und Vandalismus hinterließen ihre Spuren. Fensterscheiben wurden eingeschlagen. Ein Bauzaun sicherte das Gelände nur unzureichend und Müll und Dreck sammelten sich auf dem Grundstück.
Das Objekt wurde zu einem Treffpunkt für Abenteuerlustige und zu einem Geheimtipp für Jäger von Lost Places in Berlin, die den morbiden Charme verfallener Objekte nachspüren und ihre Entdeckungen in Form von Blogs und Videos bekannt machen. 2017 wollte der der Bezirksverordnete Michael McLaughlin (CDU) in einer kleinen Anfrage wissen, wie das Gelände gesichert wird, um illegale Nutzungen zu verhindern. lhm lägen Hinweise vor, dass sich das Areal zum "Abenteuerspielplatz" von jugendlichen Gruppen entwickelt habe.
Seniorenheim Ostpreußendamm: Wie sind die Pläne für die Zukunft?
Nach fast fünfzehn Jahren Leerstand kam Anfang der 2020er-Jahre neuer Wind in die Bebauungspläne am Ostpreußendamm. Der Bauherr plant auf dem Grundstück ein Pflegeheim mit 90 Plätzen für betreutes Wohnen und Tagespflegeplätze zu errichten.
Im Frühjahr 2022 erteilte der Bezirk dem Bauantrag des Eigentümers für den Abriss des alten Hauses und den Neubau eines Pflegeheimes grünes Licht. Anfang 2023 gab es erste Fortschritte auf dem Gelände. Die Baufläche wurde freigemacht, und der Wildwuchs an Bäumen und Sträuchern auf dem Grundstück für die künftige Bautätigkeit gerodet. "Geplant ist betreutes Wohnen mit Tagespflege", so die Information aus dem Stadtplanungsamt. 60 Einzelzimmer sollen insgesamt entstehen, dazu kommen noch Plätze für die Tagespflege. Bauherr ist die Peter Janssen GmbH.
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