Berlin. Ceramide können für viele Hautprobleme die Lösung sein. Was man darüber wissen muss, erklärt unsere Expertin, Dr. Susanne Steinkraus.

Entzündungen, Trockenheitsfältchen und empfindliche Haut haben unterschiedliche Ursachen, möchte man meinen. Häufig wurzeln sie aber auf ein und dasselbe Problem: eine geschwächte Hautschutzbarriere. Und die wiederum kann auf einen Ceramid-Mangel zurückgehen. Eine Hautpflege, die auf Seren und Cremes mit Ceramiden aufbaut, kann die Schutzbarriere stärken – und dadurch Hautprobleme verbessern. Was Ceramide sind und welche Wirkung sie haben, erklärt die Dermatologin Dr. Susanne Steinkraus.

Unsere Expertin

Dr. Susanne Steinkraus ist Fachärztin für Dermatologie, Ästhetik und Lasermedizin. Sie ist Gründerin und Inhaberin zweier Hautarztpraxen in Hamburg und München.

Was sind Ceramide?

Ceramide sind körpereigene Lipide (Fette), die aus den Talgdrüsen abgesondert werden. Sie kommen hauptsächlich auf der äußersten Schicht der Oberhaut (Epidermis) vor, der sogenannten Hornschicht. Dort bilden sie zusammen mit Hautzellen, Wasser und anderen Fetten wie Triglyceriden und Cholesterin eine schützende Hydro-Lipid-Schicht. „Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der Hautbarriere und bilden ca. 50 Prozent der Hautzusammensetzung“, so Dr. Steinkraus.

Übrigens: Die Lipidschicht ist mit einem pH-Wert von ca. 4.5 bis 5.5 leicht sauer, darum wird sie auch Säureschutzmantel genannt.

Dr. Susanne Steinkraus zählt zu den führenden Dermatologinnen Deutschlands.
Dr. Susanne Steinkraus zählt zu den führenden Dermatologinnen Deutschlands. © Dr. med. Susanne Steinkraus Skin Treatment

Welche Wirkung haben Ceramide auf der Haut?

Da Ceramide einen Großteil der Hautbarriere ausmachen, kommen ihnen laut Dr. Steinkraus drei wichtige Funktionen zu:

  1. Feuchtigkeitsbindung: „Ceramide helfen dabei, Feuchtigkeit in der Haut zu speichern, indem sie den transepidermalen Wasserverlust reduzieren. Dies trägt dazu bei, die Haut hydratisiert und geschmeidig zu halten. Eine gesunde Hautbarriere hilft, die Haut vor schädlichen externen Einflüssen zu bewahren und das Eindringen von Bakterien oder Viren zu verhindern.“
  2. Anti-Aging-Eigenschaften: „Ceramide haben Anti-Aging-Eigenschaften. Sie bilden das Grundgerüst der Haut und fungieren als Schutzschicht, um Feuchtigkeitsverlust und sichtbare Schäden durch Umwelteinflüsse zu verhindern. Ceramide sorgen auch dafür, Ihre Haut geschmeidig und zart zu halten.“
  3. Beruhigende Wirkung: „Bei empfindlicher oder gereizter Haut können Ceramide dazu beitragen, Irritationen zu reduzieren und die Haut zu beruhigen. Sie können den natürlichen Heilungsprozess der Haut zu unterstützen und Entzündungen lindern.“

Kurzum: Für eine gesunde, geschmeidige und strahlende Haut brauchen wir Ceramide. Ist die Lipidschicht geschwächt, können verschiedene Hautprobleme daraus folgen:

  • Es entsteht trockene Haut, weil die Haut mehr Wasser nach außen abgibt. Sie verliert dadurch an Elastizität und bildet schneller Falten.
  • Der Feuchtigkeitsmangel kann schuppende Stellen, Juckreiz und Spannungsgefühle verursachen.
  • Der Lipid- und Feuchtigkeitsmangel macht die Haut empfindlich, sie reagiert schnell mit Rötungen, Irritationen und Ausschlägen.
  • Entzündungsfördernde Bakterien können leichter in die Haut dringen, was Pickel, Mitesser und Akne fördert.
  • Entzündungen und Wunden heilen langsamer ab.
  • Die Haut verliert an Strahlkraft, sie wird fahl und rau.
  • Ein Mangel an körpereigenen Ceramiden kann chronische Hauterkrankungen wie Neurodermitis oder Schuppenflechte (Psoriasis) verursachen.

Wie kommt es zu einem Ceramid-Mangel?

Im Normalfall bilden die einzelnen Komponenten der Hautschutzbarriere eine kompakte Schicht. Wenn jedoch der Ceramid-Gehalt auf der Haut abnimmt, wird der Säureschutzmantel löchrig. Die Ursachen dafür sind vielfältig: Ein Mangel an Lipiden kann auf genetische Faktoren zurückgehen oder durch natürliche Alterungsprozesse bedingt sein. Das ist auch einer der Gründe, warum die Haut mit zunehmendem Alter immer trockener wird.

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Doch, auch wenn die Ceramid-Bildung auf Normalniveau ist, kann die Hautbarriere geschwächt sein. In diesem Fall stecken äußere Faktoren dahinter – vor allem eine falsche Hautpflege kann viel Schaden anrichten. So werden die Hautfette durch Pflegeprodukte mit aggressiven Tensiden oder stark austrocknenden Alkoholen entfernt. Schlecht für den Säureschutzmantel ist es zudem, wenn hautreizende Wirkstoffe zu häufig oder falsch eingesetzt werden. Vor allem Retinol, Vitamin C und Peelings können bei falscher Anwendung die Haut aus dem Gleichgewicht bringen.

Ceramide werden zudem durch freie Radikale zerstört – dieser Prozess wird auch Lipidperoxidation genannt. Dabei rauben aggressive Sauerstoffmoleküle den Lipidmolekülen ein Elektron und machen sie so funktionsunfähig. Freie Radikale entstehen in den Zellen durch UV-Strahlung, Alkohol, Rauchen, eine ungesunde Ernährung und Stress.

Ceramiden in Cremes und Seren – darauf sollten Sie achten

Möchte man seine Hautschutzbarriere stärken, ist es mitunter notwendig, hinsichtlich der Ernährungs- und Lebensweise an einigen Stellschrauben zu drehen. Generell gilt – sofern keine (Haut)erkrankungen bestehen: Je gesünder man lebt, desto gesünder ist die Haut.

Eine sichtbare Besserung bei trockener und empfindlicher Haut lässt sich auch über die Hautpflege erzielen. Das gilt besonders, wenn die körpereigene Ceramidbildung im Alter nachlässt. Dann können Cremes und Seren mit Lipiden den Mangel ausgleichen: „In Hautpflegeprodukten werden Ceramide oft als Inhaltsstoffe verwendet, um die Haut mit diesen wichtigen Lipiden zu versorgen und ihre Gesundheit zu unterstützen. Sie sind prinzipiell bei allen Hauterkrankungen hilfreich und fördernd“, so Dr. Steinkraus.

Aber nicht jedes Produkt mit Lipiden kann tatsächlich die Hautschutzbarriere stärken. Die ausbleibende Wirkung kann daran liegen, dass die Konzentration an Ceramiden zu gering ist oder zu wenige Ceramide verarbeitet wurden. Produkte, in denen ein Ceramid in hoher Konzentration vorkommt, können das Gleichgewicht der Lipidschicht stören. Darum sollten mehrere Ceramide enthalten sein, aber auch Vorläuferstufen, die die körpereigene Lipid-Produktion anregen.

Aufschluss darüber, wie viele Ceramide in einem Pflegeprodukt stecken, gibt die Inhaltstoffliste. Häufig werden neun Arten von Ceramiden verwendet:

  • Ceramide 1 (EOS)
  • Ceramide 2 (NS)
  • Ceramide 3 (NP)
  • Ceramide 4 (EOH)
  • Ceramide 5 (AS)
  • Ceramide 6 (AP)
  • Ceramide 7 (AH)
  • Ceramide 8 (NH)
  • Ceramide 9 (EOP)

Gut zu wissen: Ceramide können aus Pflanzen gewonnen werden, z.B. aus Weizen oder Reis. Allerdings haben sie keine nennenswerte Wirkung – darum werden Lipide synthetisch hergestellt. Da aber die Herstellung mit viel Aufwand verbunden ist, sind Produkte mit Ceramiden im Vergleich zu anderen Wirkstoffen etwas teurer.

Können Ceramide Diabetes auslösen?

Eine Studie des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) von 2022 legt nahe, dass bestimmte Ceramide, die im Fett-Stoffwechsel des Körpers gebildet werden, im Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für Diabetes mellitus und Herz-Kreislauf-Erkrankungen stehen. Laut den Studienautoren könne eine ungesunde Ernährung den Ceramid-Spiegel im Körper negativ beeinflussen.

Sind demnach Hautpflegeprodukte mit Ceramiden gesundheitsschädlich? Dr. Steinkraus gibt Entwarnung: „Auf der Haut angewendete Ceramide haben nicht die Chance aufgrund der Molekülstruktur in den Körper einzudringen und negative Effekte auszuüben.“

Ceramide als Teil der Gesichtspflege

Die tägliche Anwendung von Pflegeprodukten mit Ceramiden hilft dabei, den Säureschutzmantel aufzubauen. Bei der Pflege von trockener und empfindlicher Haut ist es sinnvoll, auf verschiedene reparierende und regenerierende Wirkstoffe zu setzen, wie etwa Urea, Vitamin B5, Sheabutter, Jojobaöl und Niacinamiden. Letztere können sogar die körpereigene Lipidbildung der Haut stimulieren. Auch Hyaluronsäure, Glycerin und Aloe vera sollten nicht zu kurz kommen, da sie die Feuchtigkeitsdepots der Haut auffüllen.

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Zusätzlich können auch diese Tipps dabei helfen, die Hautbarriere zu stärken:

  • Waschen Sie Ihr Gesicht nie mit heißem Wasser – das löst die Lipide von der Haut. Hautschonender ist lauwarmes Wasser.
  • Tragen Sie täglich Sonnencreme auf, um Ihre Haut vor UV-Strahlung zu schützen. Je heller der Hauttyp, desto stärker sollte der Lichtschutzfaktor sein.
  • Sortieren Sie alle Hautpflegeprodukte aus, die dem Säureschutzmantel schaden. Hautreizende und stark austrocknende Substanzen wie Alkohole, Duft- und Konservierungsstoffe, Silikone und ätherische Öle sowie aggressive Reinigungsgels entziehen der Haut Fette.

Übrigens: Auch in Shampoos werden Ceramide verarbeitet, die gegen brüchiges und strapaziertes Haar sowie Schuppen und trockene Kopfhaut helfen können.

Darf ich Ceramide und Retinol kombinieren?

Ceramide können in der Hautpflege grundsätzlich mit allen Wirkstoffen kombiniert werden. In manchen Fällen kann es jedoch besser sein, auf das ein oder andere Beauty-Produkt zu verzichten. Wer aufgrund einer schwachen Hautschutzbarriere unter extrem trockener oder empfindlicher Haut leidet, sollte das Gesicht nicht regelmäßig mit hochkonzentrierten Säuren behandeln, da sie die Haut nur noch mehr reizen. Dazu gehören nicht nur Fruchtsäurepeelings und Ascorbinsäure (Vitamin C), sondern auch Retinol, welches sich auf der Haut in Retinsäure umwandelt.

Allerdings müssen diese Wirkstoffe nicht komplett aus der Pflegeroutine gestrichen werden. Vitamin C und Retinol können als Antioxidantien auf lange Sicht hin sogar den Säureschutzmantel der Haut stärken. Um die Haut zu schonen, sollte man jedoch lieber zu Produkten greifen, die Vorstufen von Retinol und Vitamin C enthalten – diese sind wesentlich milder und verursachen dadurch seltener Hautreizungen. Eine reichhaltige Creme mit Ceramiden kann dann zusätzlich die Haut beruhigen.