Berlin. Die Anwendung von Retinol kann kompliziert sein, vor allem für Einsteiger. Alles Wissenswerte über Wirkung und Anwendung.

Retinol ist einer der am besten untersuchten Pflegewirkstoffe. Zu keinem anderen Beauty-Wirkstoff wurden so viele wissenschaftliche Studien publiziert. Die Wirkung von Retinol ist zweifelsfrei belegt. Es kann unter anderem Falten und Pickel reduzieren und die Haut elastischer machen. Um unerwünschte Nebenwirkungen zu vermeiden, sollten jedoch einige Regeln eingehalten werden. Unser Überblick über die wichtigsten Fragen und Antworten gibt Orientierung.

Was ist Retinol?

Retinol zählt zu der Gruppe der Retinoide, den sogenannten Vitamin-A-Derivaten. Das sind chemische Verbindungen, die Vitamin A als Grundkomponente haben. Sie kommen in Lebensmitteln vor, unter anderem in Fisch, Karotten, Eiern und Tomaten. Für Hautpflegeprodukte werden Retinoide synthetisch hergestellt. Besonders als Anti-Aging-Mittel wird Retinol eingesetzt.

Was ist der Unterschied zwischen Retinol und Retinal?

In Hautpflege-Produkten wurde lange Zeit Retinol anderen Vitamin-A-Derivaten vorgezogen, weil es am schonendsten zur Haut ist. Inzwischen sind im Handel aber auch immer öfter Produkte mit Retinal (Retinaldehyd) zu finden. Retinal ist chemisch gesehen die weiterentwickelte und aktiviere Form von Retinol – es wirkt schneller und stärker.

Der Hintergrund: Damit Retinol von der Haut aufgenommen werden kann, muss es sich zunächst mithilfe von Enzymen in der Haut in Retinal umwandeln und schließlich in Retinsäure, welche die aktivste Vitamin-A-Form ist. Retinal benötigt nur einen Syntheseprozess und kann dadurch schneller von der Haut aufgenommen werden.

Allerdings bedeutet das nicht, dass Retinal per se besser ist als Retinol. Ganz im Gegenteil. Zwar erzielt man mit Retinal möglicherweise ein schnelleres Ergebnis. Zugleich ist aber die Wahrscheinlichkeit für Hautreizungen höher als bei Retinol. Das kann vor allem für Menschen mit sensibler Haut zum Problem werden.

Welche Wirkung hat Retinol auf die Haut?

Da Retinol aus kleinen Molekülen besteht, wirkt es nicht nur oberflächlich. Es gelangt auch in die unteren Hautschichten. Dort kann es folgende Wirkung haben:

  • Durch seine antioxidativen Eigenschaften schützt Retinol die Zellen vor freien Radikalen.
  • Retinol bringt die Haut dazu, mehr Kollagen zu produzieren. Dadurch wird die Haut fester und leichte Falten werden abgemildert.
  • Regelmäßig angewendet, kann Retinol die Poren verfeinern, da es die Aktivität der Talgdrüsen reguliert.
  • Auch ein frischer, rosiger Teint kann durch Retinol erzielt werden. Denn der Wirkstoff hilft dabei, abgestorbene Hautzellen abzutragen.
  • Retinol baut die Hautschutzbarriere auf, indem es den Feuchtigkeitshaushalt ausgleicht und die Haut widerstandsfähiger gegen äußere Einflüsse macht.

Hilft Retinol auch gegen Akne und Pickel?

Bewährt hat sich Retinol nicht nur als Anti-Aging-Mittel. Auch bei leichter Akne kann der Wirkstoff einen Unterschied machen: Die talgregulierenden Eigenschaften sorgen dafür, dass sich weniger Fett bildet und Pickel schneller abheilen oder gar nicht erst entstehen.

Da Retinol nach längerer Anwendung die Hautbarriere aufbaut, haben es entzündungsfördernde Bakterien zudem schwerer, die Haut zu durchdringen. Nicht zuletzt kann Retinol dank seines peelendenEffekts Pickelmaleverblassen lassen.

Retinol-Anwendung: Welche Reihenfolge ist richtig?

Für die richtige Anwendung ist es zunächst wichtig, die für den eigenen Hauttyp passende Konzentration zu finden. Die Bandbreite ist riesig – von 0,01 bis 1 Prozent ist alles dabei. Hoch konzentriertes Retinol ist meist in Seren enthalten, während Cremes mit weniger Retinol auskommen.

Wer eine empfindliche Haut hat, sollte mit maximal 0,03 Prozent starten. Ist die Haut robust, neigt sie also weder zu Rötungen noch zu Trockenheit, kann man auf eine höhere Konzentration zurückgreifen.

Die richtige Anwendung von Retinol ist gar nicht so leicht.
Die richtige Anwendung von Retinol ist gar nicht so leicht. © Getty Images | Oksana Restenko

Retinol ist vielen verschiedenen Produkten beigemischt – von Seren, über Augencremes bis hin zu Feuchtigkeitscremes und Ölen. Je nach Art des Produkts steht Retinol in der Hautpflegeroutine an unterschiedlichen Stellen. So kommt etwa ein flüssiges Serum als erstes oder zweites Produkt (beispielsweise nach einem Hyaluronsäure-Serum) auf das Gesicht. Hingegen gehört ein Öl oder eine Creme mit Retinol ans Ende der Pflegeroutine.

Wichtig: Retinol braucht einige Stunden, um seine Wirkung zu entfalten. Darum sollte es am besten abends verwendet werden. Am Morgen sollte man nicht vergessen, Sonnenschutz aufzutragen, da Retinol die Haut empfänglicher für UV-Strahlung macht.

Welche Nebenwirkungen hat Retinol?

Wenn die Haut noch nie mit Retinoiden in Berührung gekommen ist, kann sie auf Retinol empfindlich reagieren – es kann zu einer Erstverschlimmerung kommen. Besonders Menschen mit empfindlicher Haut und Akne reagieren in den ersten Wochen der Behandlung oft mit Hautirritationen, Rötungen und Pickelausbrüchen. Auch trockene Stellen mit Juckreiz sind möglich.

Dieses Phänomen wird auch Skin Purging („Haut-Säuberung“) genannt. Retinol kann zu einer Erstverschlimmerung führen, weil es die Zellerneuerung beschleunigt und dadurch abgestorbene Hautzellen und Unterlagerungen an die Oberfläche bringt. Skin Purging ist somit ein Zeichen dafür, dass Retinol in den tieferen Hautschichten wirkt.

In der Regel hält die Erstverschlimmerung wenige Tage an. Bis sich die Haut stabilisiert hat und die ersten positiven Effekte zu sehen sind, können bis zu vier Wochen vergehen. Wenn die Haut jedoch so stark gereizt ist, dass sie sich schält, oder sich heiß oder extrem trocken anfühlt, sollte auf eine geringere Retinol-Konzentration umgestiegen werden.

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Kann man Retinol jeden Tag verwenden?

Um eine Überreaktion der Haut zu vermeiden, sollte Retinol in kleinen Schritten in die Gesichtspflege integriert werden: In der ersten Woche einmal, in der zweiten Woche zweimal und ab der vierten Woche jeden zweiten Tag, wenn die Haut das gut verträgt.

Unabhängig vom Hauttyp sollte Retinol nicht jeden Tag aufgetragen werden, auch nicht nach längerer Anwendung. Für eine optimale Wirkung reicht es vollkommen aus, das Gesicht drei- bis viermal die Woche mit Retinol zu behandeln.

Kann ich Retinol mit Niacinamiden kombinieren?

Es kann sinnvoll sein, Retinol mit bestimmten Wirkstoffen zu kombinieren. So kann etwa Bakuchiol die Hautverträglichkeit von Retinol erhöhen und so Irritationen und Rötungen vorbeugen. Ähnlich dazu können auch Niacinamide mögliche Nebenwirkungen von Retinol abfedern: Sie beruhigen die Haut und bewahren sie davor, übermäßig Wasser zu verlieren. Dadurch kommt es seltener zu trockenen Stellen und Juckreiz.

Die Kombination von Retinol und Niacinamid kann zudem bei unreiner Haut und Pickelmalen vorteilhaft sein, da Niacinamid die talgregulierende und aufhellende Wirkung von Retinol verstärkt.

Eignet sich Retinol nur fürs Gesicht?

Inzwischen gibt es neben Seren und Cremes für das Gesicht auch viele Körperlotionen mit Retinol. Sie sollen die Haut elastischer machen und sie vor Feuchtigkeitsverlust bewahren. So gut das auch klingt, rät das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) von Körperpflegeprodukten mit Retinol ab. Der Grund: Vitamin A reichert sich als fettlösliches Vitamin in der Leber an und kann dort Schäden anrichten.

Die maximale Tagesdosis Vitamin A liegt bei drei Milligramm und wird meist über die Ernährung erreicht. Wenn dann noch Retinol großflächig auf den Körper aufgetragen wird, kann das verträgliche Maß an Vitamin A möglicherweise überschritten werden. Darum sollte sich die Anwendung von Retinol laut BfR auf das Gesicht und die Hände beschränken.

Kann ich Retinol in der Schwangerschaft und Stillzeit verwenden?

Bei der Behandlung von schwerer Akne kommen häufig verschreibungspflichtige Retinoide in Tablettenform zum Einsatz. Diese dürfen in der Schwangerschaft und Stillzeit nicht angewendet werden. Denn es ist wissenschaftlich belegt, dass sie zu Fehlbildungen beim Baby führen können.

Eine entsprechende Warnung gibt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) aus. Explizit davon ausgenommen sind frei verkäufliche Retinoide, die auf die Haut aufgetragen werden. Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es nämlich bislang keine Hinweise darauf, dass Retinoide in gewöhnlichen Gesichtspflegeprodukten gesundheitliche Gefahren für das Ungeborene bergen.

Dennoch raten Mediziner von Retinol in der Schwangerschaft und in der Stillzeit ab, da ein Risiko nicht ganz ausgeschlossen werden kann.