Berlin. Die Historie spricht für den Rekordmeister im Finale der DEL. Doch die Eisbären treffen in Bremerhaven auf einen Gegner mit Potenzial.

Mit dieser Legende, die gerade gesponnen wird, hat Serge Aubin nichts am Hut. Auf der einen Seite steht der Rekordmeister der Deutschen Eishockey Liga (DEL), die Eisbären Berlin. Auf der anderen finden sich die Fischtown Pinguins Bremerhaven, die zum ersten Mal ins Finale eingezogen sind. Erfolgsklub gegen Außenseiter, David gegen Goliath, wie es selbst von der Liga promotet wird. „Auf diesen Mist fallen wir aber nicht herein“, sagt der Trainer der Berliner: „Das stimmt nicht. Die Realität ist, dass sie Erster wurden und es verdient haben.“

Soll heißen, dass es aus seiner Sicht kein Team gibt, das mehr Favorit oder Außenseiter wäre als das andere. Es treffen schlicht die beiden besten Mannschaften der bisherigen Saison aufeinander, die schon in der Hauptrunde dicht beieinander auf Platz eins und zwei lagen und auch im Play-off starke Leistungen ablieferten. Zehn Spiele brauchte der EHC, um in das Finale zu kommen. Bremerhaven benötigte eine Partie weniger. An der Küste kommt es ab Mittwoch (19.30 Uhr, MagentaSport) zum ultimativen Kräftemessen mit dem ersten von maximal sieben Spielen.

Eisbären sehen Special Teams als wichtigen Faktor

Mal abgesehen von den infrastrukturellen Voraussetzungen, die in Berlin natürlich andere sind als in Bremerhaven, ergibt sich ein sehr ausgeglichenes Bild von beiden Teams, wie ein Blick auf verschiedene Kategorien zeigt.

Mannschaftsteile: Die Unterschiede zwischen den Finalisten sind eher marginal. „Beide Mannschaften sind grundsolide. Das fängt mit guten Torhütern an, die Defensive sieht sehr stabil aus auf beiden Seiten und hat auch eine offensive Qualität. Beide Klubs haben bei den Stürmern vier komplette Reihen, die auch alle scoren können“, sagt Eisbären-Angreifer Frederik Tiffels. Goalie Jake Hildebrand (Fangquote 93,49 Prozent; Gegentorschnitt 2,07) agiert bei den Eisbären ebenso herausragend wie Kristers Gudlevskis (92,41; 1,93) bei Bremerhaven.

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In der Defensive erweisen sich die Norddeutschen als ein klein wenig stabiler, was sowohl in Hauptrunde als auch Play-off gilt. „Die machen unfassbar wenig Fehler, ziehen ihr Spiel extrem konsequent durch“, sagt EHC-Stürmer Tobias Eder, der diesbezüglich anmahnt, vor dem eigenen Tor ein bisschen konsequenter zu sein. Trotz der starken Form von Hildebrand.

Offensiv verfügen die Eisbären über sehr viel Flexibilität, sogar etwas mehr als die Pinguins. Die strahlen allerdings mit ihrer Reihe um Jan Urbas und Ziga Jeglic, den beiden besten Scorern der Hauptrunde, enorm viel Gefahr aus. „Sie sind alle groß, gute Skater und können sehr gute Spielzüge kreieren“, sagt Aubin.

Letztlich wird sich die Mannschaft durchsetzen, die weniger Fehler macht, die weniger zulässt.
Frederik Tiffels - Stürmer der Eisbären Berlin

Special Teams: Vor allem sind sie die zentralen Figuren im Überzahlspiel von Bremerhaven, das mit 30,56 Prozent das beste im Play-off ist. „Die Special Teams werden wichtig werden“, sagt der EHC-Coach, dessen Team selbst mit 29,03 Prozent ebenso stark auftritt. Die Unterzahl-Einheiten könnten also letztlich ebenso bedeutend sein, hier sprechen die Zahlen etwas mehr für die Berliner, die 85 Prozent aller Situationen überstehen (81,48 Prozent Bremerhaven). Schon im Halbfinale gegen Straubing überzeugten die Eisbären mit einem guten Abwehrverhalten in Unterzahl und nahmen dem Gegner damit eine seiner Stärken.

Die nächsten Spiele der Eisbären

Mittwoch, 17.04., 19.30 Uhr, erstes Finalspiel in Bremerhaven
Freitag, 19.04., 19.30 Uhr, zweites Finalspiel in Berlin
Sonntag, 21.04., 15.30 Uhr, drittes Finalspiel in Bremerhaven
Dienstag, 23.04., 19.30 Uhr, viertes Finalspiel in Berlin

Erfahrung und Euphorie: Wenn es danach geht, was die Eisbären schon gewonnen haben, ist die Sache klar. Im 13. Finale kämpft der Klub um den zehnten Titel. Bremerhaven hat es zum ersten Mal weiter als bis in das Viertelfinale geschafft. Aubin geht mit einem Team an den Start, in dem schon fast ein Dutzend Profis bereits beim letzten Titelgewinn 2022 dabei war. „Denen ist es eventuell bewusster, worauf es ankommt. Vielleicht hilft uns das im entscheidenden Moment, ein bisschen fokussierter zu sein“, sagt Tiffels. Andererseits „ist beim ersten Mal Finale die totale Euphorie da, was eine Menge an Energie freisetzt.“

Trainer: Mit sehr kontinuierlicher Arbeit hat Thomas Popiesch, ein Berliner, die Pinguins zu einer überaus zuverlässigen und spielstarken Mannschaft geformt. „Thomas lässt die Jungs einfach spielen“, sagt EHC-Assistent Craig Streu und sieht sogar etwas mehr Freiraum beim Gegner, was die Kreativität angeht. Aubin hingegen ist jemand, der gern eingreift und die Reihen oft verändert während einer Serie oder eines Spiels. Sein Team kann damit umgehen, zieht daraus immer wieder neue Impulse, während sich der Gegner oft neu einstellen muss.

Die starken Nerven sprechen für die Eisbären

Worauf kommt es an? Wie immer auf die Kleinigkeiten. „Das mag wie ein Klischee klingen, aber es ist so“, sagt Serge Aubin. Dazu gehören die Laufduelle um den Puck ebenso wie die Zweikämpfe, ein geblockter Schuss in einer wichtigen Situation genauso wie eine starke Parade des Torhüters. Für die Eisbären ist es zudem wichtig, sich mehr im Griff zu haben und die Strafzeiten zu minimieren. „Letztlich wird sich die Mannschaft durchsetzen, die weniger Fehler macht, die weniger zulässt“, sagt Tiffels.

Favoritenfaktor: Deutliche Vorteile, so viel steht fest, gibt es für keinen der beiden Finalisten. Und selbst in Bremerhaven ist nach dieser Saison unstrittig, dass man „nicht mehr mit dem absoluten Underdog-Image kommen“ kann, so Trainer Popiesch. Drei der vier Hauptrundenpartien gingen an sein Team, das in seiner Spielweise sehr gefestigt wirkt. Doch die Eisbären sind anpassungsfähig und vielseitig, überaus nervenstark, wie die bisherigen Serien im Viertel- und Halbfinale zeigten. Das könnte letztlich den Ausschlag für sie geben. „Wir wissen, wie hart es ist, Meister zu werden“, erzählt Serge Aubin.

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