Berlin. Wegen plötzlich erhöhter Mieten musste Norbert Raeder seine Kult-Kneipe aufgeben. Am Donnerstag eröffnet er sein neues Lokal.

Die Nachricht ist erst wenige Stunden auf der Facebook-Seite der geschlossenen Reinickendorfer Kult-Kneipe Kastanienwäldchen, da trudeln immer mehr Freunde und Stammgäste unangemeldet bei Norbert Raeders neuem Lokal „Füchse-Wäldchen Club Lounge“ ein. „Wir wollten nur mal gucken“, sagt einer. „Schick hier“, sagt seine Frau. Ein anderer Gast, der oft zum Rock‘n‘Roll im Kastanienwäldchen war, schleicht auch über die Terrasse, bis Norbert Raeder ihn erblickt und umarmt.

Norbert Raeder, Reinickendorfer Wirt, Obdachlosen-Helfer, parteiloser Bezirksverordneter und Bezirks-Faktotum, hat ein neues Lokal. Ende Dezember musste er sein Kastanienwäldchen nach fast 30 Jahren verlassen. Sein Vermieter hatte ihm plötzlich die Miete erhöht – dabei hielt er ihn über Jahrzehnte für einen seiner engsten Freunde. Die Einrichtung seiner Kneipe hat er eingelagert, sich erst einmal Zeit zum Nachdenken und Neusortieren verordnet. Eigentlich.

Schneller wieder da als das alte Haus renoviert ist

„Ich habe nicht damit gerechnet. Und darum freue ich mich von ganzem Herzen, dass ich so schnell wieder da bin. Sogar noch schneller, als es im alten Kastanienwäldchen weitergeht.“ Denn in dem Gebäude an der Residenzstraße wurde ein bisschen herumsaniert, jetzt herrscht Stillstand. Die Fenster sind mit Folie verhängt. „Trotzdem schmerzt es, wenn ich daran vorbeifahre“, sagt Raeder. Kurze Gesprächspause, sein Handy klingelt. Dran ist eine ehemalige Mitarbeiterin, die im Wäldchen sauber gemacht hat. „Ja, komm vorbei“, sagt er. Eine halbe Stunde später steht sie da und dann geht es schon darum, wann sie hier putzen kann und wie sie morgens reinkommt. „Ich will alle Leute aus dem Wäldchen hier wieder herholen“, sagt Raeder.

Am ehemaligen Kastanienwäldchen herrscht derzeit Stillstand.
Am ehemaligen Kastanienwäldchen herrscht derzeit Stillstand. © Dirk Krampitz | Dirk Krampitz

Dabei ist es keine normale Kneipe, sondern eben eine Club-Gaststätte. „Das kann nicht jeder machen, das muss passen, darum habe ich auch ein bisschen überlegt“, sagt Raeder. Denn natürlich ist sie für die Mitglieder der Füchse, einen der größten Sportvereine Berlins, gedacht. Aber da Raeder und seine Stammgäste alle tief in Reinickendorf verwurzelt sind, sieht er da keine Probleme. „Ich würde mal schätzen, dass bestimmt 90 Prozent der Wäldchen-Gäste sowieso Mitglieder bei den Füchsen sind“, sagt Raeder. Wie zum Beweis kommt eine Frau vorbei und erzählt genau das von sich. „Du bist der lebende Beweis, dass das stimmt“, freut sich Raeder. Bei so viel Herzlichkeit kann man sich kaum vorstellen, dass jemand ohne Mitgliedsausweis der Terrasse verwiesen werden sollte.

Nach dem Ende des Kastanienwäldchens hatte Raeder einige Angebote, und über jedes habe er sich gefreut. Aber das Angebot der Füchse sei eben passend gewesen. „Mir war wichtig, dass ich in Reinickendorf-Ost bleibe, bei meinen Gästen.“ Und auch die Obdachlosen und Trinker vom Franz-Neumann-Platz, um die er sich weiterhin nebenbei kümmert, sind nur zwei U-Bahnstationen entfernt.

Die Terrasse mit den Bänken, die im Hof des Wäldchens standen. Die Traglufthalle links schützt ein Tennisfeld im Winter.
Die Terrasse mit den Bänken, die im Hof des Wäldchens standen. Die Traglufthalle links schützt ein Tennisfeld im Winter. © Dirk Krampitz | Dirk Krampitz

Auf der Terrasse stehen die Bänke und Tische vom Hof des Kastanienwäldchens, die Raeder noch im vergangenen Sommer angeschafft hatte. Am Tresen stehen Leuchtpalmen statt Kastanien. „Ein bisschen Wäldchen geht, aber das hier kann und soll keine Kopie vom Kastanienwäldchen werden“, sagt Raeder. Die Einrichtung ist allgemein auch viel klarer als in der verspielten Eckkneipe an der Residenzstraße. Es gibt einen kleinen Hauptraum mit Tresen, eine riesige Terrasse, direkt neben den Tennisplätzen, von denen einer noch von einer Traglufthalle überdeckt ist. Hinter einer Schiebetür öffnet sich der große Veranstaltungsraum. Raeder träumt vom Karaoke, bei dem verschiedene Sektionen der 25 Sportarten umfassenden Füchse-Familie gegeneinander ansingen. Oder vom Kneipen-Quiz mit Sportfragen.

Keine Kastanien, aber Leuchtpalmen gibt es in der neuen Gaststätte von Norbert Raeder.
Keine Kastanien, aber Leuchtpalmen gibt es in der neuen Gaststätte von Norbert Raeder. © Dirk Krampitz | Dirk Krampitz

Auch für die Füchse ist es ein Neustart. Sie hatten ihre Club-Gastro über drei Generationen verpachtet. Dann haben sie es zwei Jahre selbst probiert, weil sie keinen passenden Wirt gefunden haben. Sie hatten schon aufgegeben. „Die Planung mit Self-Service und Pizza-Automat war schon fertig“, gibt Füchse-Sportvorstand Cederic Haß zu. Doch dann spülte das Schicksal Norbert Raeder vorbei.

Die Füchse starten übrigens nicht nur gastronomisch neu durch. Auf dem Gelände wird gerade auch gegraben. „Neben dem Beachvolleyball-Platz entstehen gerade zwei neue Plätze für den Trendsport Padel, eine Mischung aus Tennis und Squash“, erzählt Reinickendorfs ehemalige Verkehrsstadträtin Katrin Schultze-Berndt, die jetzt bei den Füchsen für Infrastruktur- und Projektentwicklung zuständig ist. Die Eröffnung ist für April geplant.

Der Veranstaltungsraum hinter der Schiebetür muss noch dekoriert werden: Hier wird zur Eröffnung am Donnerstagabend Rock‘n‘Roll getanzt.
Der Veranstaltungsraum hinter der Schiebetür muss noch dekoriert werden: Hier wird zur Eröffnung am Donnerstagabend Rock‘n‘Roll getanzt. © Dirk Krampitz | Dirk Krampitz

Ab Donnerstag bis Samstag feiert die „Füchse-Wäldchen Club Lounge“ offiziell Eröffnung. Ab 19 Uhr wird zu einem Rock‘n‘Roll-Abend eingeladen mit der Band „Rock Island Line“, anschließend legt DJ Gerd Hits aus den 80ern und 90ern und auch aktuelle auf. Am Freitag und Samstag wird ab 21 Uhr erneut getanzt. „Kommt vorbei und feiert dieses besondere Eröffnungswochenende mit uns!“, lädt Norbert Raeder ein.

Donnerstag ab 19 Uhr, Freitag und Sonnabend ab 21 Uhr, „Füchse-Wäldchen Club Lounge“, Kopenhagener Str. 33, Reinickendorf

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