Berlin. Das Kastanienwäldchen und auch Kirchengemeinden laden einsame Menschen zu Heiligabend ein.

Draußen stehen Schneemänner und es hängen Tannenzweige als Deko. Aber die wahre Weihnachtspracht sieht nur, wer ins Kastanienwäldchen hineingeht: „Bestimmt 4000 Kugeln“ hat Gastwirt Norbert Raeder in den vergangenen Tagen an die Decke der Kneipe in der Residenzstraße 109 gehängt. „Ich merk’s im Rücken und im Hintern. Rauf auf die Leiter, runter von der Leiter, das hinterlässt Spuren.“ Aber die Vorbereitung für seine traditionelle Heiligabendfeier ist dem Reinickendorfer wichtig.

Der umtriebige Wirt und parteilose BVV-Abgeordnete feiert nach zwei Corona-Jahren, in denen die Heiligabend-Party nur an der sehr frischen Luft stattfinden konnte, nun wieder in seinem warmen Kastanienwäldchen. Obwohl das Kastanienwäldchen in der Coronazeit durch sämtliche Förderungsprogramme durchgerutscht und die Situation nicht leicht ist, auch weil Raeder noch immer auf diverse Auszahlungen der Krankenkassen für den Betrieb des Corona-Testzentrum wartet, lädt der Gastronom zur Weihnachtsfeier. „Wir machen das seit mehr als 20 Jahren so“, sagt Raeder. Natürlich spielt auch der klassische Rock’n’Roller Mario Hill sein Weihnachtskonzert und DJ Gerd legt auf.

Eine Weihnachtsumarmung für den Glühwein

„Alle können kommen, und besonders willkommen sind einsame Menschen, die den Abend nicht alleine zu Hause verbringen wollen. Neben heißem Glühwein schenken wir auch denjenigen Besuchern etwas Wärme, denen es finanziell etwas schlechter geht und die von Altersarmut betroffen sind“, sagt Raeder, der selbst um das Fortbestehen seiner Kneipe mit Konzertbetrieb bangt und überlegt im kommenden Jahr aus wirtschaftlichen Gründen nur noch die zweite Hälfte der Woche zu öffnen. Eine Weihnachtsumarmung sei ihm trotzdem wichtiger als dass jeder den Glühwein an Heiligabend auch bezahlt. „Ich hatte nie den Plan, Milliardär zu werden. Die Menschen sind der Grund, warum ich noch da bin – ihretwegen sind wir jedes Jahr Heiligabend im Laden, wenn alle anderen ihre Läden zuschließen.“

Raeder und viele seiner Mitarbeiter sind übrigens ausgesprochene Weihnachtsfans. Bescherung machen sie mit Freunden und Familie, bevor sie zur Schicht ins Kastanienwäldchen kommen.

Das Kastanienwäldchen ist einer der wenigen Anlaufpunkte im Bezirk, die am Heiligabend geöffnet haben. In diesem Jahr bleiben die Tegeler Seeterrasse, die oft an Heiligabend Programm geboten haben, geschlossen.

Auch die Kirchen laden ein

Neben vielen Gottesdiensten, zum Teil mit Christvesper, Posaune oder Familiengottesdiensten für Krabbelkinder, laden aber zwei Kirchengemeinden zur gemeinsamen Feier an Heiligabend ein: In der Mehrzweckhalle des Diakoniezentrums Heiligensee, Keilerstraße 25, beginnt um 15.30 Uhr die Christvesper. Danach geht es in den Seniorentreff in der Dambockstraße 76 zur gemeinsamen Feier. Hier gibt es weitere Infos.

Auch das Pfarrhaus Waidmannslust, Bondickstraße 76 lädt um 18 Uhr zum Gottesdienst (18 Uhr). Ab 19 Uhr beginnt das Beisammensein mit festlichem Essen, Weihnachtsliedern und Gesprächen unterm Christbaum. Die Feier dauert bis 22.30 Uhr. Wer will, kann danach ab 23 Uhr die Christmette in der Kirche besuchen. Zwar freut sich die Gemeinde über eine telefonische Voranmeldung unter 030 413 88 59, aber auch wer kurzfristig vor der Tür steht, wird nicht abgewiesen.

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