Berlin. Nach den Razzien gibt es Kritik an der Innformationspolitik des LKA Niedersachsen. Burkhard Garweg hat derweil immer weniger Optionen.

Die Fahndung nach den beiden RAF-Terroristen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg in Berlin dauert weiter an. Die Durchsuchungen mehrerer Objekte am Sonntag sowie am Montag haben bisher nicht dazu geführt, dass die Flüchtigen gestellt wurden, sagte Berlins Polizeivizepräsident Marco Langner am Montag im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. Wenige Stunden zuvor hatten Einsatzkräfte in diesem Zusammenhang eine Wohnung in der Corinthstraße in Friedrichshain gestürmt. Die Ermittler hätten einen Menschen angetroffen, von den Gesuchten sei aber niemand dort gewesen. Weitere Angaben machte das zuständige Landeskriminalamt Niedersachsen nicht.

Erneut waren Einsatzkräfte am Montag auch auf dem links-alternativen Gelände am Markgrafendamm in Friedrichshain zugegen, wo bereits am Sonntag eine Großrazzia der Sicherheitsbehörden auf der Suche nach den geflüchteten RAF-Terroristen Staub und Garweg stattgefunden hatte. Dort befindet sich die Wagenburg, in der Garweg nach Erkenntnissen der Ermittler zumindest eine Zeit lang „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ unter dem Namen „Martin“ in einem Bauwagen gelebt haben soll.

Ob Garweg oder auch Staub sich noch in Berlin aufhalten, werde allerdings noch ermittelt. Am frühen Montagmorgen wurde der rund acht Meter lange und 2,50 Meter breite, mit Blech verkleidete Bauwagen abgeschleppt. Er werde kriminaltechnisch untersucht, sagte eine Sprecherin des LKA Niedersachsen. Nach der Durchsuchung des Areals versicherten die dortigen Bewohner gegenüber der „Deutschen Presse-Agentur“, dass sie den gesuchten früheren RAF-Terroristen nicht kannten.

„Wir wussten bis gestern von der gesuchten Person weder seinen echten Namen noch dass es Ermittlungen gegen ihn gab - und sind selbst von den Vorgängen vollkommen überrascht worden“, schrieb der Verein Edelrost am Montag in einer Pressemitteilung. Weiter hieß es, man distanziere sich „von Gewalt aller Art“ und wehre sich „gegen eine Stigmatisierung unseres Projektes“. Auch gab es Kritik an der Polizei: „Als Gelände verurteilen wir, dass mehrere Personen auf dem Gelände unter dem Vorwand der Identitätsfeststellung während der Razzia in Gewahrsam genommen wurden, um sie einzuschüchtern und auszufragen.“

Weitere Durchsuchungen in den nächsten Tagen in Berlin

Derweil blieb auch die Durchsuchung einer Wohnung in der Friedrichshainer Grünberger Straße am Sonntagabend erfolglos. In diesem Sinne rechnet die Berliner Polizei auch in den nächsten Tagen noch mit längeren Ermittlungen und weiteren Durchsuchungen. „Aufgrund sich durch die Ermittlungen des LKA Niedersachsen ergebender Erkenntnisse werden die Maßnahmen im Stadtgebiet Berlins auch weiterhin andauern“, sagte Polizeivizepräsident Marco Langner.

Die Sicherung von Beweisen benötige Zeit, um Spuren zu schützen. Deshalb sei auch die Arbeit der Polizei in den bisher durchsuchten Räumen nicht schnell abzuschließen. Es sei davon auszugehen, dass die Gesuchten konspirativ vorgegangen seien, um Waffen und andere Dinge zu verstecken.

Auch die Durchsuchung von Daniela Klettes Wohnung dauert an

Am Sonntagabend wurde auch eine Wohnung in der Grünbergstraße in Friedrichshain durchsucht.
Am Sonntagabend wurde auch eine Wohnung in der Grünbergstraße in Friedrichshain durchsucht. © Getty Images Europe | Maja Hitij

Auch die Durchsuchung der Wohnung in der Sebastianstraße in Kreuzberg, in der am vergangenen Montag die gesuchte Terroristin Daniela Klette verhaftet wurde, dauern dementsprechend an. Dort fanden die Beamten mehrere Waffen sowie Munition und eine Panzerfaustgranate. Klette wurde laut Langner inzwischen nach Verden in Niedersachsen gebracht, wo die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen sie führt. Die Gegenstände aus der Wohnung der Terroristin seien gesichert und abtransportiert worden, wozu das Wohnhaus zeitweise geräumt und die Straße gesperrt werden musste. „Das braucht Zeit, da gibt es keinen schnellen Abschluss“, so Langner weiter.

Klette war ebenso wie die flüchtigen Garweg und Staub vor über 30 Jahren untergetaucht. Alle drei gehörten der dritten Generation der früheren linksextremistischen Terrororganisation Rote Armee Fraktion (RAF) an. Ihnen wird außerdem versuchter Mord sowie diverse schwere Raubüberfälle im Zeitraum von 1999 bis 2016 vorgeworfen. Derzeit schweigt Klette zu den Tatvorwürfen.

LKA Niedersachsen gibt Informationen in Salami-Taktik

Hinter den Kulissen wird in Berlin nun immer öfter die Zusammenarbeit mit dem federführenden LKA Niedersachsen kritisiert. Die Berliner Polizei selbst darf nicht mit Journalisten über die Vorgehensweise oder die Ermittlungsergebnisse sprechen, das alles ist wie in solchen Einsätzen üblich den Kollegen aus Hannover vorbehalten. Zu diesem Zweck wurde auch extra eine Pressesprecherin aus Niedersachsen in Berlin installiert. Die Informationen werden dabei vornehmlich in einer täglichen Salami-Taktik nach und nach an die Öffentlichkeit übermittelt.

Am Sonntagmorgen durchsuchten die Ermittler ein links-alternatives Projekt am Markgrafendamm in Friedrichshain.
Am Sonntagmorgen durchsuchten die Ermittler ein links-alternatives Projekt am Markgrafendamm in Friedrichshain. © Getty Images | Sean Gallup

Staatsanwaltschaft Verden fürchtet Kurzschlussreaktion von Burkhard Garweg

Die Ermittler haben indes an Garweg appelliert, sich zu stellen. Der 55-Jährige sei nach den Durchsuchungen in Berlin „richtig auf der Flucht“, der Druck auf ihn steige, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Verden am Montag. Die Ermittler hätten ihm sein „Heim weggenommen, er sei höchstwahrscheinlich ohne Logistik unterwegs. Der Staatsanwalt sagte, seine größte Sorge sei nun eine Kurzschlusshandlung. Es sei daher ein guter Zeitpunkt, sich zu stellen, um eine mögliche Eskalation zu vermeiden. „An einer Eskalation hat niemand Interesse.“

Grundsätzlich gelte, dass es sich strafmildernd auswirke, sich zu stellen. Der Sprecher der Anklagebehörde geht davon aus, dass die Ermittler dem Gesuchten nahegekommen sind: „Wir sind ganz gut dabei.“ An Staub seien die Ermittler allerdings weniger dicht dran, hieß es. mit dpa