Berlin. Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg sind noch auf der Flucht. Wie die Polizei an Hinweise aus dem linken Milieu kommen will.
Für die deutschen Sicherheitsbehörden war der Sonntag ein Fehlschlag. Ein Fehlschlag allerdings, der nicht dazu führen wird, dass der Druck auf die gesuchten RAF-Terroristen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg in irgendeiner Weise kleiner wird. Nach wie vor wird intensiv nach den beiden Männern gefahndet, denen versuchter Mord sowie diverse schwere Raubüberfälle im Zeitraum von 1999 bis 2016 vorgeworfen werden. Am Sonntag wurden weder Staub noch Garweg auf einem Bauwagengelände in Friedrichshain entdeckt. Die Ermittler gehen davon aus, dass Garweg dort in einem Container gelebt haben soll.
Nun hat das federführende Landeskriminalamt Niedersachsen aktuelle Bilder von Staub veröffentlicht, die den 69-Jährigen lächelnd in Jacke und Mütze zeigen. Wie das Bundeskriminalamt mitteilt, ist er 1,83 Meter groß, hat blau-graue Augen und zwei besondere Merkmale: mehrere Muttermale am Rücken sowie circa zwei 8 Zentimeter große Verbrennungs- oder Hautverpflanzungsnarben auf dem linken Schulterblatt. Bereits einen Tag zuvor, am Sonnabend, waren neue Fotos von Burkhard Garweg aufgetaucht. Sie sollen aus dem Besitz ihrer am Montagabend festgenommenen Komplizin Daniela Klette stammen.
Geschütztes Internetsystem soll anonyme Hinweisgeber schützen
Für Hinweise, die zur Ergreifung der zwei Beschuldigten führen, ist von verschiedenen Stellen eine Belohnung in Höhe von insgesamt mindestens 150.000 Euro ausgesetzt worden. Allerdings wird dringend davor gewarnt, direkt an die Gesuchten heranzutreten. Mehrere in Klettes Wohnung gefundene, auch schwere Waffen unterstrichen zuletzt noch einmal deutlich die Gefahr, die noch immer von den Flüchtigen ausgeht. Staub und Garweg stehen zudem ganz oben auf der „Europe‘s Most Wanted-Liste“ von Europol, mit deren Hilfe nach Schwerstkriminellen und Terroristen gesucht wird.
Um Hinweise aus der Bevölkerung wird weiterhin gebeten. Auch im Fall Klettes hatte ein anonymer Tipp schlussendlich zur Verhaftung geführt. Das BKA betont dabei: „Die Ermittlungsbehörden wenden sich gezielt auch an die Familien der Beschuldigten, deren Freundeskreis und ehemalige RAF-Unterstützer.“ Hinweise könnten in diesem Sinne vertraulich über ein geschütztes Internetsystem abgegeben werden. Dadurch soll die absolute Anonymität des Hinweisgebers gegenüber den Ermittlungsbehörden - wie auch bei Klette - garantiert werden. Eine Auszahlung der Belohnung ist unter diesen Umständen allerdings nicht möglich.
Experten vermuten ein Netzwerk an Helfern
Bei dem genannten System handelt es sich um das sogenannte BKMS- System. Es wurde nicht von der Polizei entwickelt, wird vielmehr bereits seit vielen Jahren in der Privatwirtschaft für die Abgabe von anonymen Hinweisen in der Korruptionsbekämpfung eingesetzt. „Das System ist benutzerfreundlich und einfach“, heißt es dazu auf der Seite des LKA Niedersachsen. Es schaffe einen anonymen Raum, der es ermögliche, ohne Ansehen der Person Hinweise zu geben. Mithilfe der „Postkasten“-Funktion könne man bei Wunsch mit Staatsanwaltschaft und Polizei in einen Dialog eintreten und so auch eine Rückmeldung erhalten, wird das Vorgehen erläutert: „Es können Fragen gestellt und beantwortet werden.“
Ziel dieser Maßnahme ist erkennbar die direkte Ansprache des linksextremen Milieus, nicht zuletzt in Berlin, in welchem zahlreiche Unterstützer und Sympathisanten der RAF-Terroristen vermutet werden. Bereits kurz nach Klettes Verhaftung vor knapp einer Woche zeigten sich Experten davon überzeugt, dass die über 30 Jahre lang untergetauchten RAF-Terroristen bis heute ein organisiertes Netzwerk von Helfern und Verstecken besitzen müssen.