Berlin. Die Bewohner mussten das Haus an der Sebastianstraße verlassen. Die Polizei entdeckte mehrere gefährliche Gegenstände und Schusswaffen.

Nach der Festnahme der früheren RAF-Terroristin Daniela Klette hat die Polizei eine Granate und weitere möglicherweise gefährliche Gegenstände aus ihrer Wohnung in Kreuzberg geholt. Die Staatsanwaltschaft Verden teilte am Donnerstag mit, man habe „schwere Kriegswaffen“ entdeckt, ohne diese näher zu bezeichnen. Der Einsatz, für den das siebenstöckige Mietshaus am späten Mittwochnachmittag geräumt worden war, dauerte viele Stunden bis in den frühen Donnerstagmorgen. „Die Maßnahmen unserer Einsatzkräfte in der Sebastianstr. in Kreuzberg sind abgeschlossen“, schrieb die Polizei dann auf der Online-Plattform X (früher Twitter). „Die Anwohnerinnen und Anwohner können wieder zurück in ihre Wohnungen.“

Zunächst hatte die Polizei am Abend eine Granate weggebracht, am frühen Morgen wurde ein weiterer möglicherweise gefährlicher Gegenstand aus dem Haus herausgetragen und in ein Spezialfahrzeug verladen. Dieses fuhr gegen 1.30 Uhr ab. Später folgte noch ein drittes Fundstück. Nähere Angaben zu den verdächtigen Gegenständen machte die Berliner Polizei nicht. Sie verwies an die Ermittler in Niedersachsen, die zunächst ebenfalls keine detaillierteren Erklärungen abgaben.

Granate unschädlich gemacht

Ein Auto mit dem Spezialanhänger, in welchem sich ein gefährlicher Gegenstand befindet, fährt aus der Sebastianstraße hinaus.
Ein Auto mit dem Spezialanhänger, in welchem sich ein gefährlicher Gegenstand befindet, fährt aus der Sebastianstraße hinaus. © dpa | Annette Riedl

Am Abend hatte die Polizei mitgeteilt: „Von unseren Kriminaltechnikern wurde bisher eine Granate aus dem Gebäude in der Sebastianstraße in Kreuzberg gebracht und an einem anderen Ort unschädlich gemacht.“ Ein Beamter vom Kampfmittelräumdienst hatte einen Gegenstand herausgetragen, der einer kleineren Granate ähnelte. Er verstaute den Gegenstand in einem Auto in einer Sicherheitskiste.

Anwohner stehen vor dem Wohnhaus der früheren RAF-Terroristin Daniela Klette, das wegen einer möglichen Gefahr geräumt wurde.
Anwohner stehen vor dem Wohnhaus der früheren RAF-Terroristin Daniela Klette, das wegen einer möglichen Gefahr geräumt wurde. © dpa | Paul Zinken

Das siebenstöckige Mietshaus war am frühen Abend von der Polizei geräumt worden, alle Bewohner mussten ihre Wohnungen verlassen. Der Gehweg wurde gesperrt. „Unsere Kriminaltechnik untersucht aktuell die bei der Wohnungsdurchsuchung aufgefundenen, möglicherweise gefährlichen Gegenstände“, schrieb die Polizei im Internet. Gegen 22 Uhr wurde der Sperrkreis erweitert, die ganze Straße abgesperrt und einige Wohnungen in einem weiteren Haus geräumt. „Für den Abtransport weiterer Gegenstände wird ein gegenüberliegendes Gebäude teilweise evakuiert“, teilte die Polizei mit. Die evakuierten Bewohner sollten bei Verwandten, Freunden, in Wärmebussen der Verkehrsbetriebe BVG und in einer Turnhalle untergebracht werden. Lesen Sie auch:Räumung in Kreuzberg – „Wir sind wohl vergessen worden“

Schusswaffen in Klettes Wohnung entdeckt

Ein Beamter trägt eine Kiste.
Ein Beamter trägt eine Kiste. © Pudwell | Pudwell

Schon im Laufe des Mittwochs hatte die Polizei Schusswaffen entdeckt, wie eine Sprecherin des Landeskriminalamtes Niedersachsen am Mittwochabend bestätigte. Der „Tagesspiegel“ hatte zuvor berichtet. Auch bei der Durchsuchung am Dienstag hatten die Ermittler den Angaben nach unter anderem Magazine einer Waffe und Patronen entdeckt. Auf Fotos ist zu sehen, wie Ermittler Säcke und Kisten heraus tragen. Auch ein Fahrrad wurde sichergestellt. Nachbarn berichteten, dass Klette häufig morgens mit dem Fahrrad fortgefahren sei, um abends heimzukehren.

Kisten und Säcke werden verladen.
Kisten und Säcke werden verladen. © Pudwell | Pudwell

Klette war am Montagabeng gefasst worden. Bei ihrer Festnahme leistete sie keinen Widerstand, wie der Präsident des Landeskriminalamts (LKA) Niedersachsen, Friedo de Vries sagte. Die 65-Jährige sitzt wegen mehrerer Raubtaten in Untersuchungshaft.

Ein Beamter kommt mit einem Fahrrad aus dem Haus in Kreuzberg.
Ein Beamter kommt mit einem Fahrrad aus dem Haus in Kreuzberg. © Pudwell | Pudwell

RAF-Festnahme – Mehr zum Thema:

Das wird Klette, Garweg und Staub vorgeworfen

Der Festnahme durch Zielfahnder war jahrelange Ermittlungsarbeit unter der Leitung der Staatsanwaltschaft Verden vorausgegangen. Die Anklagebehörde wirft Klette, Garweg und Staub versuchten Mord und eine Serie schwerer Raubüberfälle zwischen 1999 und 2016 vor, die Tatorte lagen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Überfälle nicht politisch motiviert waren – die Beschuldigten sollen die Taten begangen haben, um an Geld für ihr Leben im Untergrund zu kommen. Das Trio Klette, Staub und Garweg wird der sogenannten dritten RAF-Generation zugeordnet.

Das undatierte Fahndungsfoto zeigt die mutmaßliche RAF-Terroristin Daniela Klette.
Das undatierte Fahndungsfoto zeigt die mutmaßliche RAF-Terroristin Daniela Klette. © DPA Images | Polizei

Über die verschiedenen Generationen der Terrorgruppe sagte der Journalist und RAF-Experte Stefan Aust am Dienstagabend im ZDF-„heute journal“, die zweite Generation habe versucht, die erste aus dem Gefängnis zu befreien. „Als das nicht funktioniert hat, gab es dann die dritte Generation, und die haben eines getan, nämlich schlichtweg Morde begangen. Sie haben Leute einfach erschossen oder haben ihnen Fallen gestellt.“

Klette steht nach dpa-Informationen auch im Verdacht, an einem Schusswaffen-Angriff auf die US-Botschaft in Bonn 1991 beteiligt gewesen zu sein. Vermutet wird außerdem die Beteiligung an einem Sprengstoffanschlag auf die Justizvollzugsanstalt Weiterstadt 1993. Spuren deuten darauf hin, dass sie auch bei der Anti-Terror-Aktion 1993 im mecklenburgischen Bad Kleinen am Tatort war. Bei der Aktion starben damals der Polizist Michael Newrzella und der RAF-Mann Wolfgang Grams. Die frühere RAF-Terroristin Birgit Hogefeld wurde verhaftet.

Daniela Klette hat sich bislang nicht geäußert

Bei ihrer Vorführung beim zuständigen Ermittlungsrichter am Amtsgericht Verden habe Klette sich nicht zur Sache geäußert, sagte eine Sprecherin des niedersächsischen Justizministeriums. Es bleibe abzuwarten, ob sie sich im Laufe der nächsten Tage und Wochen einlassen werde. dpa/BM