Berlin. Hertha BSC verspielt gegen Holstein Kiel eine 2:0-Führung und ärgert sich am Ende über zu viele verpasste Chancen.

Es waren die Gesichter von Verlierern. Enttäuscht, traurig und unendlich frustriert. So schlichen die Profis von Hertha BSC vom Rasen, das 2:2 (2:0) gegen Holstein Kiel fühlte sich an wie eine Niederlage. Weil an diesem nasskalten Freitagabend im Berliner Olympiastadion so viel mehr drin gewesen wäre.

„Super bitter”, bilanzierte Fabian Reese. „Wir haben heute 75 Minuten sehr kompakt gestanden, gegen den Zweiten der Liga ein sehr ordentliches Spiel gemacht. Wir wollten nicht in Schönheit sterben, aber wir haben effektiven, ergebnisorientierten Fußball gespielt.“

80 Minuten zeigen die Berliner eine souveräne Leistung

80 Minuten lang zeigte der Berliner Fußball-Zweitligist eine beeindruckend stabile Defensive – inklusive einer 2:0-Führung dank Doppelpack von Haris Tabakovic. Eine Leistung, die der drei Punkte würdig gewesen wäre. „Unser Plan ist aufgegangen, wir waren hinten stark, aber am Ende müssen wir einfach cleverer sein“, erklärte Tabakovic.

So war das Duell mit dem Tabellenzweiten ein Sinnbild des Hinspiels. Nur mit umgekehrtem Happy End. Auch im September führte Hertha zur Pause mit 2:0, musste in Durchgang zwei den Ausgleich hinnehmen, kam aber in letzter Sekunde noch zum glücklichen 3:2 durch Elfmeter.

Minutenlanger VAR-Check bringt Entscheidung

Jetzt lief es genauso. Mit dem Unterschied, dass diesmal die Kieler den Strafstoß kurz vor Abpfiff zugesprochen bekamen und dank Timo Becker immerhin noch ausglichen. „Ich glaube, das war keine Fehlentscheidung, das war 50:50“, erklärte Hertha-Trainer Pal Dardai.

Was war passiert? Linus Gechter und Holsteins Patrick Erras hatten in der Nachspielzeit im Strafraum einen Kontakt am Fuß. Erst mal ließ Schiedsrichter Bastian Dankert die Partie weiterlaufen, ehe bei einem Einwurf der VAR einschritt. Nach intensivem Videostudium zeigte der Referee auf den Punkt. Hertha-Keeper Tjark Ernst war zwar in der richtigen Ecke, konnte das Remis aber nicht mehr abwenden (90.+8).

„Ich hatte erst mal nicht das Gefühl, ich hätte ihn getroffen“, erklärte Gechter, der Andreas Bouchalakis in der Startelf ersetzt hatte. „Ich habe auch Schmerzen auf dem Fuß. Alles sehr komisch.“ Trainer Dardai wollte die Szene aber nicht „als Ausrede“ gelten lassen, wie der Ungar erklärte. „Wir hatten in der zweiten Hälfte Minimum 20 Umschaltmomente.“ Von denen der blau-weiße Hauptstadtklub keinen zu nutzen wusste.

Erster Doppelpack für Tabakovic seit Oktober

Dabei war die Partie vor 46.835 Zuschauern so vielversprechend gestartet, schien maßgenau zugeschnitten auf die Berliner. Kaum Ballbesitz (zwischenzeitlich 25 zu 75 Prozent), dafür aber wahnsinnig effizient. Und trotz der vermeintlichen Dominanz der Gäste kam bis zu 80. Minute kaum Gefahr im eigenen Strafraum auf.

Erst schnappte sich Tabakovic einen verunglückten Rückpass von Kiels Philipp Sander, umkurvte Keeper Timon Weiner und schob ungehindert zum 1:0 ein (17. Minute). Dann löste sich der 29-Jährige nach einer Flanke von Palko Dardai aus der gegnerischen Abwehrkette, traf zunächst Kiels Torhüter Weiner, verwandelte dann aber den Abpraller zum 2:0 (45.).

Der erste Doppelpack des bosnischen Nationalspielers seit Ende Oktober, Saisontreffer Nummer zwölf und dreizehn in der Liga – und damit jetzt schon mehr als Herthas Toptorjäger der Vorsaison Dodi Lukebakio am Ende der Spielzeit (elf). Einen Spieler mit ähnlicher Quote gab’s in Westend zuletzt zu Zeiten von Salomon Kalou.

2:0-Führung der Berliner reicht nicht

„Das freut mich, ich bin froh, dass das Knie hält“, erklärte Tabakovic, der in den vergangenen Wochen nicht hundertprozentig fit gewesen war, gegen Kiel aber für Florian Niederlechner wieder von Beginn an ran durfte. Richtig freuen konnte sich der Doppeltorschütze aber eben nicht. „Das ist uns in dieser Saison schon viel zu oft passiert, dass wir noch den Ausgleich kriegen“, so Tabakovic.

Zumal Hertha gewarnt war. Dass die Gäste aus dem hohen Norden nach einem Rückstand zurückkommen können, haben sie nicht nur im Hinspiel bewiesen. Am vergangenen Wochenende lag die Mannschaft von Trainer Marcel Rapp zur Pause mit 0:3 gegen Tabellenführer St. Pauli zurück. Beinahe hätte es noch zum Punktgewinn gereicht. Am Ende hieß es 3:4.

Kiel mit erneuter Aufholjagd gegen Hertha BSC

Und auch jetzt gab‘s eine Aufholjagd der Störche. Mit einem Gewaltschuss von Finn Porath von der Strafraumkante erzielte Kiel den Anschlusstreffer (81.). „Wenn du das 2:1 kriegst, fängt das Zittern an“, erklärte Stürmer Tabakovic.

Dabei hatte man eigentlich das Gefühl, dass Hertha den Offensivdrang der Kieler souverän wegverteidigt. Bis dann aber der Elfmeterpfiff kam. Und Hertha ein Déjà-vu der bitteren Sorte erlebte.

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