Washington. Amerika als Blaupause: Die propalästinensischen, häufig antisemitischen Proteste an Universitäten eskalieren inzwischen weltweit.

Bei propalästinensischen Protesten an etlichen Universitäten in den USA sind nach Medienangaben in den vergangenen Wochen mehr als 2000 Menschen festgenommen worden. Seit dem 18. April seien Festnahmen an mehr als 40 Hochschulen in mindestens 25 Bundesstaaten registriert worden, berichtete der Sender CNN am Donnerstag (Ortszeit).

Die Proteste gegen den israelischen Militäreinsatz gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen und für Solidarität mit den dort lebenden Palästinensern dauerten am Donnerstag weiter an. In Portland im Nordwesten der USA wurden nach Polizeiangaben mindestens 30 Menschen festgenommen. An der Rutgers-Universität in New Jersey sei ein Protestcamp friedlich geräumt worden.

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Wobei die amerikanischen Proteste weltweit als Blaupause dienen für möglicherweise gezielt orchestrierte propalästinensische Aktionen. In den kanadischen Städten Toronto, Montreal und Vancouver haben Studierende Protestcamps errichtet. In australischen Millionenstädten wie Sydney oder Melbourne demonstrieren Studierende ebenfalls. Auch an deutschen, britischen und französischen Universitäten fanden propalästinensische Kundgebungen statt.

Stark-Watzinger ruft Universitäten zu konsequentem Handeln auf

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hat die Universitäten aufgefordert, konsequent gegen Antisemitismus vorzugehen. „Die massiven Ausschreitungen der vergangenen Tage müssen uns eine Mahnung und Warnung sein“, sagte sie in einem Interview. „Hetze gegen Jüdinnen und Juden und die Verherrlichung von Terror müssen wir konsequent bekämpfen.“

Hier seien der Rechtsstaat, aber auch die Hochschulleitungen gefordert. Stark-Watzinger forderte diese auf, konsequent von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen, in besonders schweren Fällen müsse auch eine Exmatrikulation möglich sein. „Jüdische Studierende müssen sich an unseren Hochschulen sicher fühlen können“, sagte die Ministerin. „Das Ausmaß an Israel- und Judenhass an zahlreichen westlichen Universitäten ist unerträglich.“

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Bei den Protesten in den USA geht es meist um die Forderung an Hochschulen und Unternehmen, finanzielle Beziehungen zu Israel zu kappen. Kritiker werfen insbesondere dem radikalen Teil der Protestbewegung Antisemitismus und die Verharmlosung der Hamas vor – die Islamistenorganisation spricht Israel das Existenzrecht ab und hat den Gaza-Krieg mit einem beispiellosen Terrorangriff am 7. Oktober ausgelöst, bei dem mindestens 1139 Menschen ermordet, hunderte Frauen vergewaltigt und etwa 250 Personen verschleppt wurden.

US-Präsident Joe Biden hatte Gewalt bei den Protesten am Donnerstag in einer Rede im Weißen Haus aufs Schärfste verurteilt. „Es gibt das Recht zu protestieren, aber nicht das Recht, Chaos zu verursachen“, sagte Biden.

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Linksintellektuelle sehen in Israel einen weißen Kolonialstaat

An den großen US-Eliteuniversitäten hat der Konflikt eine tiefe Spaltung erzeugt: Studentinnen und Studenten, Professorinnen und Professoren und die Verwaltung liefern sich erbitterte Auseinandersetzungen. Getrieben wird der zunehmend gewalttätige Protest von arabisch-stämmigen Studentinnen und Studenten, aber auch von der Linken.

Dabei spielt das Konzept der Dekolonisation eine Rolle, die die Welt und die Gesellschaft von historischen und modernen kolonialen Strukturen befreien will. In Unkenntnis geschichtlicher und aktueller Grundlagen sehen Linksintellektuelle in Israel vor allem einen weißen Kolonialstaat und solidarisieren sich deswegen mit der Terror-Organisation Hamas. (ftg/afp/dpa)