Im Mai eröffnet die Kinderwelt des Jüdischen Museums. Thema ist die Arche Noah. Die Tiere anzufassen ist ausdrücklich erlaubt.

Das kleinste Geschöpf ist eine Kakerlake von sieben Zentimeter Länge aus einem alten Löffel, einem Holzstab und zwei Nadeln mit farbigen Köpfen. Das größte Tier ist ein drei Meter hohes Mammut, auf das man klettern kann. Es ist zusammengesetzt aus einem kleinen Boot und vier Rudern, einem Fischernetz, Seilen, Kotflügeln, Schüsseln, Trommeln und zwei Stoßstangen eines VW-Käfers als Stoßzähne.

In der neu eingerichteten Kinderwelt des Jüdischen Museums können sich Kinder um beliebte, bedrohte und ausgestorbene Tiere kümmern, sie in die rettende Arche holen, streicheln und füttern. Selbst für Fabelwesen wie ein Einhorn mit Diskokugel im Bauch ist Platz.

Neben schönen dürfen auch weniger schöne Tiere mit auf die lebensrettende Reise gehen: Staubwedel mit Augen oder ein Faultier aus Fußmatten, das zum Fläzen einlädt. Auch mit dem Nacktmull oder dem Kurzkopfgleitbeutler kann Freundschaft schließen, wer das möchte.

Kinderwelt im Jüdischen Museum: Arche-Tierwelt als Beispiel für Inklusion

Vor dem Eingang der Arche wartet eine vollgepackte Eselin. Die Migrantin hat lauter notwendige Sachen aufgeladen: Wasserkanister, Proviantkörbe, Musikinstrumente, eine Schultafel. Trotzdem ist auch noch Platz für kleine Freunde, die in einem Korb mitkommen dürfen. Es geht in dem Museum auch um soziales Verhalten und Inklusion. Die Ohren der Eselin sind zwei elegante velourlederne Secondhand-Damenschuhe.

Wer einen Streichelzoo erwartet, wird im ersten Moment vielleicht etwas enttäuscht sein. Die Tiere in der Arche atmen nicht, haben auch keine Körperausdünstungen und sind nicht bunt. Dennoch sind sie am Leben, und zwar auf eine fantastische und magische Weise: als tierförmige Wunderwerke kreativen und zeitgemäßen Upcyclings.

Eine Vorgabe an die Kulturwissenschaftlerin und Szenografin Anne Metzen, die die rund 150 Tierskulpturen gemeinsam mit der Berliner Firma kubix für das Kindermuseum als Unikate entworfen und gebaut hat, bestand darin, dass den Kindern sämtliche Bauteile aus ihrem Alltag vertraut sein sollten.

Eröffnung wird am 17. Mai gefeiert

Mit seinem Motto-Museum zur biblischen Geschichte der Arche Noah, maßgeschneidert für die junge Besuchergruppe zwischen drei und zehn Jahren, trifft das jährlich von rund 20.000 Kindern besuchte Jüdische Museum einen Nerv der Zeit. Die architektonische Hülle des ersten religionsspezifischen Kindermuseums Deutschlands ist eine sieben Meter hohe Konstruktion in CO2-neutraler Holzbauweise zwischen Rettungs- und Raumschiff, entworfen vom amerikanischen Büro Olson Kundig.

Die Arche befindet sich direkt gegenüber dem Jüdischen Museum in der ehemaligen Blumengroßmartkthalle. Die Gesamtkosten für Bau und die Ausstellung liegen bei rund neun Millionen Euro. Der geplante Eröffnungstermin ist in 13 Wochen: am 17. Mai. Am selben Tag wird im Haupthaus nach mehr als zweijähriger Umbauzeit eine neue Dauerausstellung eröffnet. In fünf Kapiteln wird jüdische Geschichte in Deutschland seit dem Mittelalter aus jüdischer Perspektive multimedial erzählt. Die Verfolgung in der Zeit des Nationalsozialismus und das Kapitel „Nach 1945“ nehmen den größten Raum ein.

Jüdisches Museum, Lindenstraße 9-14, Kreuzberg, ab 17. Mai 2020. Mehr Infos: www.jmberlin.de/ANOHA