Vor 41 Jahren wurde er eröffnet, seit Jahren steht er leer, jetzt wurde der Bierpinsel an der Schloßstraße zum Denkmal gekürt.

Berlins Denkmäler werden jünger: Vor 41 Jahren wurde er als futuristische Skulptur eröffnet, seit Jahren steht er leer, jetzt wurde der Bierpinsel an der Schloßstraße in Steglitz zum Denkmal gekürt. Berlins oberste Denkmalschutzbehörde, das Landesdenkmalamt (LDA), hat den einst orange-rotfarbenen Gastronomieturm, ein Stück Poparchitektur der 70er-Jahre, in Berlins Denkmalliste aufgenommen.

Damit gelten für die Sanierung und künftige Nutzung des 47 Meter hohen Turmbaus neue Bedingungen: Denn die Untere Denkmalschutzbehörde des Bezirks muss künftig bei den Planungen aller weiteren Maßnahmen gehört werden. Das bestätigte Cerstin Richter-Kotowski (CDU), Bezirksbürgermeisterin und Leiterin der Stadtplanung von Steglitz-Zehlendorf am Donnerstag der Berliner Morgenpost.

Wie die Sprecherin des Landesdenkmalamtes, Christine Wolf, dieser Zeitung auf Nachfrage sagte, „erfolgte die Feststellung des Denkmalschutzes für den Bierpinsel von Amts wegen“, was so viel heißt wie ohne Antragstellung von außen. So sei im Übrigen auch der U-Bahnhof Fehrbelliner Platz zum Denkmal erklärt worden.

Auch Denkmalstatus vom Flughafen Tegel wird untersucht

„Wir befassen uns schon seit mehreren Jahren sehr intensiv mit der Nachkriegs- und Vorwendearchitektur, die wir aus dem jetzt angemessenen zeitlichen Abstand erforschen und dann gegebenenfalls natürlich auch unter Denkmalschutz stellen“, erläuterte Christine Wolf. Insbesondere Verkehrsbauten wie der Bierpinsel, der übrigens zusammen mit dem doppelgeschossigen U-Bahnhof Schloßstraße in die Denkmalliste aufgenommen wurde, spielen in dieser Zeit eine große Rolle aus der auch der Flughafen Tegel stammt. Auch er werde hinsichtlich des Denkmalstatus untersucht.

Auch der U-Bahnhof Fehrbelliner Platz wurde auf die Berliner Denkmalliste gesetzt dpa/PA/schoening
Auch der U-Bahnhof Fehrbelliner Platz wurde auf die Berliner Denkmalliste gesetzt dpa/PA/schoening © picture alliance / Arco Images | dpa Picture-Alliance / Schoening Berlin

Der Bierpinsel, so Wolf, markiere einen ganz bedeutenden Verkehrsknotenpunkt mit der Autobahn, der Schloßstraße und dem U-Bahnhof. Es sei ein Gebäude mit Zeugniswert auch bezüglich der dezentralen Stadtplanung Berlins, die eben auch für Steglitz mit dieser Skulptur eine Stadtmarke vorsah.

Für Architektin Ursulina Schüler-Witte, die den Bierpinsel bereits Ende der 60er-Jahre mit ihrem Mann Ralf Schüler zusammen mit dem damals noch Schildhornstraße genannten U-Bahnhof in Steglitz als Auftragsarbeit entworfen hat, ist der lang ersehnte Denkmalstatus ein Segen. „Das ist natürlich sehr wichtig und eine gute Entscheidung. Denn durch den Denkmalschutz habe ich jetzt endlich auch Rückenstärkung seitens des Denkmalamtes“, freut sich die 83-jährige Planerin, die schon seit Jahren für den Originalerhalt ihres Bauwerks kämpft.

„Wir haben das Turmrestaurant damals als eine Stadtmarke entworfen und uns deshalb auch für die orange-rote Si­gnalfarbe entschieden. Der Turm sollte weithin sichtbar sein. Dieser Farbton muss jetzt wieder genauso hergestellt werden“, fordert Schüler-Witte.

Der durch Graffiti stark angegriffene Sichtbeton des Treppenhauses solle zudem durch einen Spezialanstrich, der die Struktur des Betons imitiert, in der Außenwirkung wieder originalgetreu erscheinen. Mit den Eigentümern des Bierpinsels habe sie keinen persönlichen Kontakt, sie habe ihnen aber mehrfach geschrieben, so die Architektin. Bislang habe sie sich in ihrem Einsatz für den Bierpinsel auf ihr Urheberrecht berufen .

Eigentümerin: „Der Denkmalschutz ist toll"

Eigentümerin Tita Laternser, die 2006 nach längerem Leerstand einen Erbbaupachtvertrag mit dem Bezirk unterschrieben hatte, gab sich am Donnerstag betont positiv. „Der Denkmalschutz ist toll. Ich habe den Turm gekauft, weil ich ihn als Skulptur einzigartig und erhaltenswert finde“, so Laternser.

Dass jedoch ausgerechnet unter ihrer Ägide 2010 im Rahmen einer Kunstaktion das äußere Erscheinungsbild des Bierpinsels nachhaltig verändert wurde, war für Laternser am Donnerstag kein Thema. Vier internationale Graffiti-Künstler besprühten vor sieben Jahren die 2000-Quadratmeter-Fassade aus einer Gondel heraus. Bereits 2011 sollte das Steglitzer Wahrzeichen wieder die vertraute orange-rote Farbe bekommen. Das ist jedoch bis heute nicht passiert.

Zum aktuellen Stand der Planungen für die künftige Nutzung des mittlerweile schon als Pop-Art-Architektur gefeierten Turms konnte Frau Laternser, wie sie betonte, aus zeitlichen Gründen keine Stellung nehmen. Laternser hatte das Bauwerk erworben mit der Auflage, wieder Gastronomie in den Turm an die Schloßstraße zu bringen. Daran hat auch der Bezirk Interesse.

„Es muss etwas passieren. Der Bezirk will keine Ruine“

„Wir wollen hier schließlich keine Ruine. Wichtig ist, dass mit dem Bierpinsel wieder etwas passiert“, sagte Cerstin Richter-Kotowski. Im Inneren sei das Bauwerk in keinem guten Zustand. „Wir stehen allen Lösungen offen gegenüber, Hauptsache, es herrscht wieder Betrieb im Wahrzeichen der Schloßstraße“, so die Bezirksbürgermeisterin. Aufgrund des langen Leerstandes sei ohnehin der Bestandschutz für die Gastronomienutzung verloren gegangen. Jede weitere Nutzung müsse neu beantragt werden.

Die Eigentümerin hatte nach einem Wasserschaden 2010 über Jahre Streit mit der Versicherung, der beigelegt ist.

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