Seit Jahren steht der Bierpinsel an der Schloßstraße leer. Seit 2006 gehört der Turm einer Besitzerin, die bislang aber nur Graffiti am Turm anbringen ließ. Jetzt platzt dem Stadtrat der Kragen.

Oben, auf der Stadtautobahn Ausfahrt Tiburtius-Brücke, können die Autofahrer beim Bierpinsel fast in die Fenster sehen. Es liegt eine Weile zurück, dass hin und wieder ein Licht dahinter aufblitzte. Seit mehreren Wasserrohrbrüchen im Winter 2009/2010 liegt der 46 Meter hohe Turm im Dunkeln.

Im Jahr 2006 hatte Tita Laternser nach längerem Leerstand einen Erbbaupachtvertrag mit dem Bezirk Steglitz-Zehlendorf unterschrieben. Mit der Auflage, wieder Gastronomie in das einst als futuristisch geltende Bauwerk an die Schloßstraße zu bringen. Jetzt droht Immobilienstadtrat Michael Karnetzki (SPD) mit einer Vertragsstrafe, sollte die Eigentümerin den Bierpinsel nicht wieder in Betrieb nehmen. Sogar von einer Rückabwicklung des Vertrages ist die Rede.

„Ich habe Frau Laternser aufgefordert, ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen“, bestätigt Karnetzki. Komme es in absehbarer Zeit nicht dazu, müsse er zum Mittel der Vertragsstrafe greifen. Seit dem Wasserrohrbruch sind alle Aktivitäten am Bierpinsel eingestellt. „Die Eigentümerin kommuniziert nur sporadisch mit dem Bezirksamt“, sagt der Stadtrat. Sie sei aber dafür zuständig, das Gebäude in einem baulich guten Zustand zu halten und ein Restaurant zu eröffnen. Karnetzki weiß, dass sich die Eigentümerin mit der Versicherung wegen eines Schadenfalls streitet. Aber bis Jahresende sollten diese Probleme behoben sein, sagt Karnetzki. Das habe er in einem Schreiben zum Ausdruck gebracht.

Eigentümerin will im Frühjahr mit Umbau beginnen

Von einem Schreiben weiß Tita Laternser nichts. Die Eigentümerin bestätigt, dass der Versicherungsstreit noch laufe. „Wir bemühen uns, so schnell wie möglich das Problem zu beheben“, sagt Tita Laternser. Sie hoffe, dass Ende des Jahres, spätestens Anfang 2015 alle Gutachten auf dem Tisch lägen. Wenn möglich, wolle sie im Frühjahr mit dem Umbau beginnen. Nur glaube sie nicht, dass dann das Amt so schnell alle Pläne genehmige.

Für realistischer hält sie einen Baustart 2016. Dann wird es aufgrund der Sanierung des U-Bahnhofes Schloßstraße ohnehin am Fuß des Bierpinsels eine Großbaustelle geben. Tita Laternser plant nach Sanierung und Umbau, den Bierpinsel wieder als Gastronomieturm zu verpachten. Sie könnte sich eine Bar mit Restaurant vorstellen, ähnlich wie im Bikini-Haus an der Budapester Straße, sagt Laternser und, dass sie die Drohungen des Bezirks nicht verstehe. „Wir zahlen immer pünktlich unsere Erbpacht, wir haben keine Rechnung offen.“ Bislang habe man mit dem Bau nur Ausgaben. Außerdem sei sie mit dem Bauamt immer im Gespräch.

Eine Menge neuer Auflagen

Ein Thema im Bauamt von Steglitz-Zehlendorf war der Brandschutz. Hinsichtlich der Bausubstanz und der Statik habe er bei einer Begehung keine Mängel festgestellt, sagt Baustadtrat Norbert Schmidt (CDU). Was die geforderte gastronomische Nutzung angehe, habe er aber seine Zweifel. Dafür müssten eine Menge neuer Auflagen erfüllt werden, zum Beispiel hinsichtlich der Küche und der Energieversorgung. Vielleicht sollte man neue Nutzungsoptionen erwägen, gibt der Stadtrat zu bedenken. „Aber dafür müsste die Eigentümerin auf uns zukommen und mit uns diskutieren, was machbar ist.“

Den Bau des Bierpinsels hatten die Bezirksverordneten 1969 beschlossen. Drei Jahre später sollte die damals vier Millionen Mark teure Krönung des Verkehrsknotenpunktes fertig sein. Doch erst 1976 konnte das eigenwillige Objekt der Architekten Ralf Schüler und Ursulina Schüler-Witte eröffnet werden.

Farbe für das Wahrzeichen

Jahrzehntelang konnten Besucher auf drei Etagen mit Blick auf die Schloßstraße bei Kaffee, Torte oder Steak verschnaufen. Später wechselten die Betreiber: Eine Diskothek und eine Sportsbar eröffneten und mussten wieder schließen, teils weil sie die Miete nicht mehr aufbrachten. 2006 trennte sich der langjährige Besitzer Horst Weißig aus Altersgründen von dem Turm, neue Eigentümerin wurde Tita Laternser, die ihn zeitweise von ihrer Tochter Larissa bewirtschaften ließ. Die Unternehmerin ließ den roten Bierpinsel 2010 in bunte Farbe tauchen. Vier internationale Graffiti-Künstler besprühten die 2000-Quadratmeter-Fassade aus einer Gondel heraus. 2011 sollte das Steglitzer Wahrzeichen wieder die vertraute rote Farbe bekommen. Das ist jedoch bis heute nicht passiert.