Berlin. Stadtteilforum und Grünflächenamt diskutieren die Möglichkeiten für mehr Lebensqualität und Verkehrsberuhigung. Rege Beteiligung.

Das Stadtteilforum Tiergarten-Süd hat sich am Dienstagabend mit Mitarbeitern des Straßen- und Grünflächenamts (SGA) des Bezirks Mitte in der Villa Lützow getroffen, um Details für die Verkehrsberuhigung im Lützowkiez zu diskutieren. Gleich fünf Straßen, die Lützowstraße, die Kluckstraße, die Genthiner Straße, die Stauffenbergstraße und das Lützowufer, könnten bis Herbst 2024 zur Fahrradstraße werden. Die Ergebnisse der Diskussion, sowie weitere Ideen zur Planung können bis 24. März auf einem Online-Beteiligungsportal eingereicht werden. Überarbeitete Planungen sollen dann beim Gartenfest am Freitag, 26. April, ab 18 Uhr an gleicher Stelle vorgestellt werden.

Verkehr in Mitte: Nur 20 Prozent haben ein Auto

Die Mobilitätsplanerin Laura Fritsche vom SGA Mitte stellte das Verkehrskonzept des Bezirks Mitte vor und präsentierte aktuelle Zahlen: Nur jeder Fünfte im Bezirk besitzt ein Auto. 87 Prozent der Wege in Berlin werden mit dem ÖPNV, dem Fahrrad oder zu Fuß zurückgelegt. Das SGA strebe an, seine Ziele so weit möglich ohne bauliche Eingriffe kostengünstig und mit hoher Effizienz umzusetzen.

Fritsche erläuterte die Ziele in ihrem Vortrag anschaulich: Zum einen sollen Lärm und Schadstoffe, sowie CO2 reduziert werden. Zum anderen soll bis 2030 in Mitte ein Radnetz von 190 Kilometern Länge umgesetzt werden. Sichere Kreuzungen sind ein weiteres Ziel, das unter anderem durch Abstellflächen für Fahrräder, Lastenräder und Motorräder, sowie E-Scooter gewährleistet werden soll.

Kiezblocks: Das plant der Bezirk Mitte

Das „Maßnahmenportfolio Kiezblocks“ umfasse Fahrradstraßen, sichere Kreuzungen, entgegengesetzte Einbahnstraßen, die Pkws aus dem Kiez herauslenken sollen, Verengungen, Modalfilter, so gennannte grüne Gullys im Rahmen der Entsiegelung, die möglichst viel Wasser für die Stadtbäume bereitstellen, außerdem Fußgängerzonen und Bänke.

Fritsche erklärte auch, wer berechtigt ist, auf Fahrradstraßen zu fahren: „E-Scooter, Fahrräder und Anliegerverkehr darf rein.“ Ein Kraftfahrzeug dürfe ebenso rein, aber nicht zur Durchfahrt, sondern nur, wenn es ein Anliegen wie Parken, Anlieferung oder Wohnen gebe. Eine Fahrradstraße gehe immer mit der Reduktion des Pkw-Verkehrs einher. Sie sollte eine mindestens vier Meter breite Fahrgasse, verengte Kreuzungen, sowie Abstellanlagen für Zweiräder enthalten.

Bügerbeteiligungs-Veranstaltung im Lützowkiez: Hier betrachten die Anwohner verschiedene Optionen, wie die Fahrradstraßen in der Genthiner-, Kluck und Lützowstraße aussehen könnten.
Bügerbeteiligungs-Veranstaltung im Lützowkiez: Hier betrachten die Anwohner verschiedene Optionen, wie die Fahrradstraßen in der Genthiner-, Kluck und Lützowstraße aussehen könnten. © BM | Iris May

Lützowkiez: Starker Gestaltungswille der Bürger

Die Mitglieder der Stadtteilkoordination Tiergarten Süd, die sich einmal im Monat treffen, sind bei der Veranstaltung am Dienstag bestens vorbereitet. Detailliert ausgearbeitete Pläne zeigen, wie das verkehrsberuhigte Viertel aussehen könnte. Die Gastro-Betreiber von „My Deli Love“ und „Mom & Sons“ wünschen sich mehr Platz für Gäste zum Draußensitzen. Schräg angeordnete Parkplätze könnten für mehr Platz sorgen.

Bei der Beteiligungsveranstaltung wird deutlich, wie emotional die Bürger mit ihrem Kiez verbunden sind. Ein älterer Herr meldet sich zu Wort, der sich mehr Zebrastreifen und Verkehrsberuhigung wünscht. Er redet sich in Rage und verlässt dann aufgebracht den Raum. Eine Dame, die seit 40 Jahren im Kiez wohnt, fürchtet, dass der Verkehr auf der Potsdamer Straße „noch schlimmer“ wird, wenn die Verkehrsberuhigung im Kiez umgesetzt ist.

Schüler der Allegro-Grundschule haben gemalt, wie sie sich die Umgebung ihrer Schule wünschen: Es ist sehr viel grün darauf zu sehen, Platz zum Spielen und vor allem keine Autos. Der Wunsch, so genannte „Eltern-Taxis“ zu vermeiden, wird mehrfach zur Diskussion gebracht.