Berlin. Ein großes Aktivisten-Bündnis blockierte am Sonnabend die Elsenbrücke. Es ging um fossile Subventionen, aber auch um Tesla und die A100.

Rund 350 Menschen von acht verschiedenen Aktivistengruppen forderten am Sonnabendnachmittag in Berlin am Treptower Park einen Stopp fossiler Subventionen: Initiator war Extinction Rebellion. Mit dabei waren Eltern gegen die Fossilindustrie, Sand im Getriebe, die Letzte Generation, Inititative Klimagerecht Leben, Scientist Rebellion und 350.org. Viele waren mit dem Fahrrad gekommen, einige Eltern hatten ihre Kinder mitgebracht. Dafür blockierten die Aktivisten die Zufahrt zur Elsenbrücke, die beim 17. Bauabschnitt der A100 im Weg wäre. Wie im Dezember trug die Polizei, die im Großaufgebot erschienen war, auch diesmal Demonstranten von der Straße. Im Vorfeld führte eine Fahrraddemonstration gegen die Verlängerung der Stadtautobahn von Changing Cities zur Sitzblockade.

Scientist Rebellion: Wissenschafts-Aktivisten fordern andere Politik

Drei Aktivisten von Scientist Rebellion: v. li. Sofie Te Wierik, Matthias Grotkopp und Lane Atmore wollen Politiker daran erinnern, was sie auf dem Klimagipfel unterschrieben haben.
Drei Aktivisten von Scientist Rebellion: v. li. Sofie Te Wierik, Matthias Grotkopp und Lane Atmore wollen Politiker daran erinnern, was sie auf dem Klimagipfel unterschrieben haben. © BM | Iris May

Klimaforscherin Sofie Te Wierik beobachtet nach eigenen Aussagen täglich am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK), welche planetaren Grenzen die Erde hat. Sie steht am Sonnabend mit anderen Wissenschaftlern von Scientist Rebellion auf der Elsenbrücke, weil sie weiß: „Wir müssen einfach alles tun, was wir können. Sonst wird der Klimawandel so schnell voranschreiten, dass wir ihn nie wieder umkehren können.“

Matthias Grotkopp ist Junior-Professor für Filmwissenschaft an der Freien Universität Berlin und erforscht, wie der Klimawandel filmische Narrative beeinflusst. Lane Atmore ist eine amerikanische Biologin, die am Sonnabend aus Köln angereist ist. Auf die Frage, was sie von Elon Musks Plänen, die Menschheit auf den Mars umzusiedeln halten, lachen alle drei herzlich. Sofie Te Wierik: „Der Mars ist total unbewohnbar!“ Mit ihrer Demo wollen die Wissenschaftler die Politiker daran erinnern, was sie bei der Klimakonferenz COP 28 in Dubai unterschrieben haben.

Gruppe „Hungern bis ihr ehrlich seid“ aus dem Umfeld der Letzten Generation will ab dem 07.03.2024 in Hungerstreik gehen, bis Olaf Scholz ehrlich ist und anfängt den CO2-Gehalt in der Luft zuzugeben.
Gruppe „Hungern bis ihr ehrlich seid“ aus dem Umfeld der Letzten Generation will ab dem 07.03.2024 in Hungerstreik gehen, bis Olaf Scholz ehrlich ist und anfängt den CO2-Gehalt in der Luft zuzugeben. © Florian Boillot | Florian Boillot

Hungerstreik soll fossile Subventionen stoppen

Hungerstreik ab 7. März: Wolfgang Metzeler will hungern, bis Politiker zugeben, dass zuviel CO2 in der Atmosphäre ist.
Hungerstreik ab 7. März: Wolfgang Metzeler will hungern, bis Politiker zugeben, dass zuviel CO2 in der Atmosphäre ist. © FUNKE Foto Services

Seit zwei Jahren ist nichts mehr normal bei Wolfgang Metzeler. Solange hat sich der Ingenieur des technischen Umweltschutzes in Vollzeit dem Aktivismus verschrieben. „Ich tue es in erster Linie, um nicht mehr ertragen zu müssen, dass alle Prognosen im worst case eintreten“, sagt der 49-Jährige. „Wir haben jetzt schon 0,42 Promille CO2 in der Luft, der Weltklimarat hat einen Zielwert von 0,35 definiert.“ Seine Gruppe Hungern bis ihr ehrlich seid meint es todernst mit ihren Forderungen. Ab 7. März werden Metzeler und weitere Mitglieder in den Hungerstreik eintreten. Er rechnet damit, dass er die Aktion nicht überleben könnte: „Der Tod steht mit im Raum, wenn man so etwas macht.“

Aktivist: „Das Zeitfenster schließt sich!“

Rosa Rave von der Gruppe Reclaim Club Culture hält auf der Demo eine flammende Rede gegen fossile Subventionen.
Rosa Rave von der Gruppe Reclaim Club Culture hält auf der Demo eine flammende Rede gegen fossile Subventionen. © BM | Iris May

Immer wieder skandiert die Menge „Stoppt fossile Subventionen!“. Immer wieder ergreifen Sprecher und Sprecherinnen der einzelnen Aktivistengruppen das Mikrofon, um ihre Überzeugungen kundzutun. Rosa Rave vom Netzwerk Reclaim Club Culture erklärt, dass ein Leben, das auf fossilen Brennstoffen basiert, absolut „rückwartsgewandt“ sei. Den Zusammenhang zwischen Club Culture und fossilen Subventionen erklärt er so: „Inmitten der Krise, inmitten der Wohnungsnot einen Pro-Auto-Kurs zu fahren, das ist der Geist dieser Autobahn, diese Lebensweise wird auf Kosten unserer Stadt vorangetrieben. Diese Lebensweise sichert einzelnen Macht und Privilegien. Aber: Ohne Tanz keine Revolution!“ Viele jubeln dem Aktivisten zu, bevor der nächste das Mikrofon ergreift. Es wird auch zur Solidarität mit den Baumaktivisten in Grünheide aufgerufen und viel über das verschmutzte Wasser und die Schädlichkeit von Elektroautos gesprochen.

Aktivist kommt als Tod verkleidet: „Ich bin eine Warnung aus der Zukunft“

Costa ist pensionierter Industriekletterer, er gehört mehreren Aktivisten-Gruppen an, die am Sonnabend an der Elsenbrücke demonstrieren. Der 59-Jährige ist als Gevatter Tod verkleidet gekommen. „Ich bin eine Warnung aus der Zukunft. Ich zeige, was uns allen blüht“, orakelt er. „Wenn das so weiter geht, dann sind wir bald alle tot. Es gibt so viele Menschen, denen sind die vergoldeten Wasserhähne wichtiger als ihr eigenes Leben.“ Costa habe dabei kein bestimmtes Feindbild, weder Politiker, noch Energieunternehmer. „Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir müssen alle zusammenhalten.“

Die Polizei versucht die Klimaaktivisten zu hindern die Brücke zu blockieren. Klimaaktivisten des Bündnisses „Stoppt Fossile Subventionen“ aus Klima- und sozialen Bewegungen um Extinction Rebellion (XR) und die Letzte Generation protestieren mit einer Blockade auf der Elsenbrücke gegen staatliche Subventionen von fossilen Energieträgern.
Die Polizei versucht die Klimaaktivisten zu hindern die Brücke zu blockieren. Klimaaktivisten des Bündnisses „Stoppt Fossile Subventionen“ aus Klima- und sozialen Bewegungen um Extinction Rebellion (XR) und die Letzte Generation protestieren mit einer Blockade auf der Elsenbrücke gegen staatliche Subventionen von fossilen Energieträgern. © Florian Boillot | Florian Boillot

Extinction Rebellion-Aktivist: „Klima-Aktivismus sollte nicht kriminalisiert werden“

Sem Roefs von Extinction Rebellion bei der Demo gegen fossile Subventionen an der Elsenbrücke.
Sem Roefs von Extinction Rebellion bei der Demo gegen fossile Subventionen an der Elsenbrücke. © BM | Iris May

„Vor 15 Jahren hat die Bundesregierung versprochen, fossile Subventionen abzuschaffen, aber nichts passiert. Das Zeitfenster schließt sich rapide“, sagt Luis Böhling. Er ist Student der Erneuerbaren Energien und will Projektierer werden. Sem Roefs von Extinction Rebellion war früher Landwirt und beschäftigt sich heute mit Nahrungssystemen. In seiner Heimat, den Niederlanden, haben ähnliche Demos fossile Subventionen gestoppt beziehungsweise einen neuen Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht. „Klimaaktivismus sollte nicht kriminalisiert werden. Denn das, was Klimaaktivisten tun, ist nicht so zerstörerisch und teuer, wie das, was nicht getan wird.“