Berlin. Nicht nur Plagiate, auch nicht angemeldete Gelder oder eine Stasi-Vergangenheit haben bereits zu Rücktritten geführt. Ein Überblick.

Aufgrund von Plagiaten in ihrer Doktorarbeit hat Berlins Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) ihren Rücktritt angekündigt. Es ist der erste Amtsverzicht in Kai Wegners Senat. Doch wer ist in den vergangenen Jahren in der Berliner Landespolitik bereits wegen Skandalen zurückgetreten oder wurde gestürzt?

Franziska Giffey (SPD)

Es war die große Überraschung nach der Bundestagswahl 2017: Die bisherige Neuköllner Bezirksbürgermeisterin Giffey wurde im März 2018 als Bundesfamilienministerin in das Kabinett der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) berufen. Anfang 2019 beanstandete das Portal „VroniPlag“ mehrere Stellen in Giffeys Doktorarbeit wegen Plagiaten. Daraufhin ließ sie selbst die Arbeit von der Freien Universität prüfen. Nach mehreren Prüfverfahren wurde ihr schließlich der Doktortitel entzogen und Giffey trat am 19. Mai 2021 von ihrem Ministeramt zurück. Ihrer politischen Karriere schadete der Rücktritt nur wenig: Wenige Monate später wurde sie zur Regierenden Bürgermeisterin gewählt.

War 13 Jahre lang regierender Bürgermeister, trat dann aber vorzeitig ab: Klaus Wowereit (SPD).
War 13 Jahre lang regierender Bürgermeister, trat dann aber vorzeitig ab: Klaus Wowereit (SPD). © picture alliance/dpa | Soeren Stache

Klaus Wowereit (SPD)

Seit 2001 war Klaus Wowereit Berlins Regierender Bürgermeister. Geprägt wurde seine Regierungszeit von vielen Skandalen – am prägendsten sicherlich die von vielen Missständen geprägte BER-Baustelle. Der neue Flughafen sollte bereits 2011 eröffnet werden – doch unter anderem durch Mängel an der Brandschutzanlage verschob sich die Einweihung um fast zehn Jahre. Wowereit trug als Aufsichtsratsvorsitzender der Flughafengesellschaft dafür Mitverantwortung. Die Skandale um den BER setzten dem lange beliebten Bürgermeister zu, sodass er schließlich für viele überraschend am 26. August 2014 seinen Rücktritt für Ende des Jahres ankündigte. Als Grund gab er die öffentlichen Debatten über seine Amtsführung an, die „viel Schaden für eine effektive Regierungsarbeit“ bedeuten würden. „Ich gehe freiwillig“, sagte Wowereit zu seinem Rücktritt.

2002 war er wenige Monate Wirtschafts- und Arbeitssenator: Gregor Gysi (Linke)
2002 war er wenige Monate Wirtschafts- und Arbeitssenator: Gregor Gysi (Linke) © picture alliance / HMB Media | R4676

Gregor Gysi (Linke)

Vielen ist es nicht mehr bekannt, doch der bekannte Linken-Politiker aus Treptow-Köpenick war Anfang der 2000er-Jahre für kurze Zeit Wirtschafts- und Arbeitssenator im ersten Senat von Klaus Wowereit. Doch schon nach wenigen Monaten trat Gregor Gysi von allen Ämtern zurück. Hintergrund war die sogenannte Bonusmeilen-Affäre. Gysi soll – wie auch andere Amtsträger – dienstlich gesammelte Lufthansa-Bonusmeilen für private Flüge genutzt haben.

Trat 2020 als Bausenatorin zurück: Katrin Lompscher (Linke)
Trat 2020 als Bausenatorin zurück: Katrin Lompscher (Linke) © picture alliance/dpa | Jörg Carstensen

Katrin Lompscher (Linke)

Die Linkenpolitikerin Katrin Lompscher war von 2006 bis 2011 unter Klaus Wowereit von Umweltsenatorin und wurde 2016 Bausenatorin im Senat von Michael Müller. Im August 2020 legte sie das Amt nieder, nachdem bekannt geworden war, dass sie jahrelang Vergütungen für Aufsichtsratsposten in landeseigenen Unternehmen nicht wie vorgeschrieben an die Landeskasse gezahlt hatte. Insgesamt ging es um 7000 Euro. Die Berliner Staatsanwaltschaft leitete wegen des Versäumnisses ein Verfahren gegen sie ein, das später eingestellt wurde.

Wurde als Bezirksbürgermeister von Mitte abgewählt: Stephan von Dassel (Grüne)
Wurde als Bezirksbürgermeister von Mitte abgewählt: Stephan von Dassel (Grüne) © picture alliance/dpa | Fabian Sommer

Stephan von Dassel (Grüne)

Nach mehreren Jahren als Bezirksstadtrat wurde der Grünen-Politiker Stephan von Dassel 2016 zum Bezirksbürgermeister von Mitte gewählt. Im August 2022 wurde dann bekannt, dass er sich mit Tricks in die Besetzung einer Führungsposition in seinem Bezirksamt eingemischt haben soll. Angeblich soll er einem unterlegenen Bewerber 16.000 Euro aus eigener Tasche angeboten haben, damit dieser nicht gegen die Absage klagt – die Stelle sollte an einen Vertrauten von Dassels gehen. Er selbst bestritt die Vorwürfe, stimmte aber einem Disziplinarverfahren gegen sich zu. Einen Rücktritt lehnte er bis zum Schluss ab. Doch schließlich entsagte auch die eigene Partei dem Bezirksbürgermeister die Unterstützung, sodass er am 8. September 2022 von der Bezirksverordnetenversammlung abgewählt wurde.

Als Staatssekretär holte ihn seine Stasi-Vergangenheit ein: Andrej Holm
Als Staatssekretär holte ihn seine Stasi-Vergangenheit ein: Andrej Holm © picture alliance / Jörg Carstensen/dpa | Jörg Carstensen

Andrej Holm (parteilos)

Als politischer Quereinsteiger wurde der Gentrifizierungsforscher Andrej Holm Ende 2021 von der linken Bausenatorin Katrin Lompscher als Staatssekretär für Wohnen berufen. Doch die Personalie war von Anfang an umstritten. Der Grund: Der in der DDR geborene Holm hatte sich als Jugendlicher verpflichtet, für die Stasi zu arbeiten und war Ende 1989 auch wenige Monate Offiziersschüler bei der Stasi. Holm selbst, ging mit seiner Vergangenheit immer offen um, dennoch wurde der politische Druck so groß, dass er bereits nach wenigen Wochen von seinem Staatssekretärs-Amt zurücktrat. Auch seine Dozentenstelle an der Humboldt-Universität wurde gekündigt – erst nach wochenlangen Studierendenprotesten durfte er an die Uni zurückkehren.