Berlin. Bei der SPD-Mitgliederbefragung scheidet der Co-Vorsitzende Raed Saleh bereits in der ersten Runde aus. Wann die nächste Phase startet.

Die Mitgliederbefragung der Berliner SPD zur künftigen Doppelspitze endete mit einer krachenden Niederlage für den amtierenden Co-Vorsitzenden und langjährigen SPD-Fraktionschef Raed Saleh. Gemeinsam mit der Bezirkspolitikerin Luise Lehmann aus Marzahn-Hellersdorf kam er gerade mal auf 15,65 Prozent (1309 Stimmen). Damit ist das Duo beim Kampf um die SPD-Spitze aus dem Rennen. Die beiden anderen Bewerber-Teams stellen sich nun vom 2. bis 17. Mai erneut dem Votum der Mitglieder. Endgültig gewählt werden soll die neue Doppelspitze auf Basis dieses Ergebnisses dann bei einem Parteitag am 25. Mai.

Das beste Ergebnis fuhr überraschend das Team aus dem Neuköllner Bezirksbürgermeister Martin Hikel und Ex-Staatssekretärin Nicola Böcker-Giannini mit rund 48,2 Prozent (4034 Stimmen) ein und verfehlte eine absolute Mehrheit damit nur knapp. Das Team aus dem SPD-Landesvize Kian Niroomand und der früheren Co-Vorsitzenden der Berliner SPD-Frauen, Jana Bertels, kam auf 36,1 Prozent (3020 Stimmen).

Knapp die Hälfte der SPD-Mitglieder gab eine Stimme ab

In der ersten Runde hatten die gut 18 000 Berliner Sozialdemokraten vom 6. bis 19. April etwa zwei Wochen lang die Möglichkeit, ihre Stimme für eines der Bewerberduos abzugeben. Die Abstimmung war online oder per Brief möglich. Nach Angaben der SPD-Landesvorsitzenden Franziska Giffey Giffey beteiligten sich 47,6 Prozent der Parteimitglieder. Giffey zeigte sich damit zufrieden, aber: „Man wünscht sich natürlich immer mehr“, sagte sie. „Auch wenn keines der Kandidatenpaare eine absolute Mehrheit erreichen konnte, gibt es dennoch ein sehr klares Ergebnis.“

Hikel sagte nach der Auszählung, in der Berliner SPD werde nun eine neue Ära eingeleitet. „Die Mitglieder haben gegen ein Weiter-so gestimmt.“ Bertels vom zweiten Team sagte, das Votum zeige den Wunsch vieler Sozialdemokraten nach einem Neustart der Partei. „Das wäre mit uns möglich“.

Neue Wege einschlagen

Beide Teams eine der Wille, gegen das Establishment an der Parteispitze vorzugehen und neue Wege einzuschlagen, um die seit Jahren bei Wahlen immer mehr schwächelnde SPD wieder nach vorn zu bringen, bekräftigten sie. Programmatisch unterscheiden sie sich aber in einigen Punkten. So stellten Hikel und Böcker-Giannini etwa das kostenlose Kita-Essen für alle Kinder infrage, Niroomand und Bertels sprachen sich hier gegen Änderungen aus.

Kian Niroomand (l-r), SPD-Landesvize in Berlin, Jana Bertels, frühere Co-Vorsitzende der Berliner SPD-Frauen, Franziska Giffey (SPD), Berliner Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe, Nicola Böcker-Giannini (SPD), frühere Staatssekretärin, und Martin Hikel (SPD), Neuköllns Bezirksbürgermeister, bei der Pressekonferenz nach der Auszählung der Stimmen zur Wahl einer neuen Doppelspitze der Berliner SPD
Kian Niroomand (l-r), SPD-Landesvize in Berlin, Jana Bertels, frühere Co-Vorsitzende der Berliner SPD-Frauen, Franziska Giffey (SPD), Berliner Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe, Nicola Böcker-Giannini (SPD), frühere Staatssekretärin, und Martin Hikel (SPD), Neuköllns Bezirksbürgermeister, bei der Pressekonferenz nach der Auszählung der Stimmen zur Wahl einer neuen Doppelspitze der Berliner SPD © DPA Images | Christophe Gateau

Saleh und Lehmann zeigten sich enttäuscht. „Unsere Mitglieder haben im ersten Wahlgang eine eindeutige Entscheidung getroffen, die wir voller Respekt und verantwortungsvoll annehmen“, erklärten beide. „Selbstverständlich ist dieses eindeutige Ergebnis für uns persönlich enttäuschend, als Partei wird uns die baldige Klarheit aber insgesamt stärken und konzentriert zusammenführen und zusammenarbeiten lassen.“

Fraktionsvorstand wird im Juni gewählt

Nach Salehs Niederlage als Parteichef stellt sich nun die Frage, wie es mit dem einflussreichen Politiker als Fraktionschef im Abgeordnetenhaus weitergeht. Er leitet die Fraktion seit 2011. „Hier wurde über den Landesvorsitz abgestimmt und nicht über die Abgeordnetenhausfraktion“, sagte Giffey dazu. Das seien zwei unterschiedliche Dinge. Der SPD-Fraktionsvorstand wird im kommenden Juni neu gewählt.

„Die SPD hat zwei gute Angebote“, ergänzte sie mit Blick auf die verbliebenen beiden Duos. Auch die zweite Phase der Mitgliederbefragung werde die SPD sehr konzentriert angehen und am Ende zu einem guten Ergebnis kommen.

Berliner SPD ist tief gespalten

„Wir treten dafür ein, dass die SPD wieder zu mehr Stärke kommt“, sagte sie. „Und wir treten ein für eine demokratische Stadt, die wirtschaftlich stark ist, ihrer ökologischen Verantwortung gerecht wird, aber nie das Soziale aus dem Blick verliert.“ Dafür sei ein „neuer Aufbruch“ gut.

Wie gespalten die Berliner SPD ist, wird am Ergebnis des damals abgehaltenen Mitgliedervotums vor Unterzeichnung des Koalitionsvertrags deutlich: Nur eine knappe Mehrheit von 54,3 Prozent stimmte für eine gemeinsame Regierung mit der CDU. Die Beteiligung lag damals bei rund 62 Prozent. Zwar funktioniert die Zusammenarbeit in der Koalition seither recht gut. Aber es gibt in der traditionell eher linken Berliner SPD nach wie vor viele Kritiker des Bündnisses.