Berlin. Der raspelkurze, satt grüne Rasen ist ein Ideal in Deutschland. Doch der ist nicht mehr zeitgemäß. Wer das sagt und warum.

Die Sonne scheint gleißend über Berlin, Regen bleibt aus. Die Wetterbedingungen zeigen sich auch am Zustand der öffentlichen Grünflächen und privaten Gärten in Berlin: Der Rasen verdorrt und wird gelb. Nach Ansicht von Naturschützern haben große Rasenflächen eh ausgedient. Sie fordern, den Rasen gar nicht mehr zu mähen.

„Der englische Rasen gehört endlich abgeschafft“, sagt Janna Einöder, Referentin für Stadtgrün beim Naturschutzbund (Nabu). Dass nach wie vor viele Berlinerinnen und Berliner ihren Rasen raspelkurz mähen, immer mehr sogar täglich mit einem Mähroboter, findet sie nicht nachvollziehbar und nicht zu verantworten. Ihrer Meinung nach sollten nur noch wenige Rasenflächen zum Spielen oder Picknicken kurz gehalten werden. Den Rest solle man Wildpflanzen überlassen.

Angesagt, aber eine tödliche Gefahr für Igel: Mähroboter im Einsatz.
Angesagt, aber eine tödliche Gefahr für Igel: Mähroboter im Einsatz. © picture alliance / dpa Themendienst | Benjamin Nolte

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Rasen nicht mehr mähen: Das sind die Gründe

Für ihre Forderung nennen die Nabu-Experten mehrere Gründe.

  • Zum einen brauche man für einen sattgrünen und penibel gestutzten Rasen Unmengen an Trinkwasser, das in Zeiten langanhaltender Trockenheit besser gespart werden solle.
  • Zum anderen schade der englische Rasen der Artenvielfalt. Wildpflanzen wie Gundermann, Gänseblümchen oder Weißklee sollten sich die Grünflächen zurückerobern dürfen, finden die Nabu-Experten.
  • Nicht zuletzt spare ein wilder Rasen Zeit und Geld. An Straßenrändern, auf privaten Wiesen oder im Abstandsgrün von Wohnanlagen könne man das Mähen gut und gerne komplett einstellen, so der Nabu. Dann müsse man die Flächen auch nicht mehr bewässern, was Zeit und Geld spare.

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Große Wiesen seltener oder staffelweise mähen

Spiel- und Liegewiesen sollten nur zwei- bis dreimal im Jahr gemäht werden, heißt es - oder zumindest staffelweise, also nicht die ganze Fläche auf einmal. Manche Bezirke machten das schon, berichtet der Nabu.

Dieses Vorgehen wird auch von der Stadt Berlin im „Handbuch Gute Pflege“ den Bezirken empfohlen. Zur Stärkung des Artenschutzes solle auf Standardrasenflächen das Mähen nach dem Prinzip des Staffelmähens erfolgen, da so den Schmetterlingen, Bienen und Käfern nicht das gesamte Nahrungsangebot auf einmal entzogen werde. Für Rasen und Wiesen, die gemäht werden, wird empfohlen, sie in einer Höhe von 10 bis 15 cm zu belassen.

Der Bezirk Neukölln hatte erst kürzlich mitgeteilt, im Rahmen eines Modellprojekts auf ausgewählten Mittelstreifen Pflanzen länger wachsen zu lassen. Gemäht werden solle dort nur einmal im Jahr. „Damit soll sich dieses sogenannte Straßenbegleitgrün als Wiesenfläche entwickeln und damit einen größeren Beitrag zur Biodiversität leisten“, hieß es. Weniger zu mähen, schone die Flächen in längeren Trockenphasen. Bis zum Jahresende will der Bezirk eine Zwischenbilanz ziehen.

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Tipps für einen guten Rasen

Stadtnaturexperte Derk Ehlert von der Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt hat Tipps, wie man daheim für einen guten Rasen sorgt und gleichzeitig umwelt- und ressourcenschonend vorgeht. Dafür sollte das Wasser so gut wie möglich auf dem Grundstück gehalten werden, damit es in den Boden versickern kann und somit in das Grundwasser gelangt. Dafür sei es sinnvoll, den Rasen teilweise zu durchstechen, damit das Wasser einfacher in die tieferen Regionen des Bodens gelangt.

Grundsätzlich gilt: "Je mehr der Rasen durch Laub abgedeckt ist und je weniger er gemäht wird, desto kühler bleibt der Boden und desto einfach die Wasseraufnahme", betont Ehlert.

Nicht zuletzt wird dem Rasen durch häufiges Mähen der natürliche Dünger genommen, da die meisten gemähten Gräser am Ende in der Biotonne und nicht im Rasen selbst landen.

Rasenmähen in Berlin: Nächtliches Mähen ist tabu

Ein Igel auf einer Wiese.
Ein Igel auf einer Wiese. © picture alliance / Alois Litzlbauer / picturedesk.com

Was gar nicht geht, ist laut Nabu das nächtliche Mähen mit einem Rasenroboter. Denn das stellt eine tödliche Gefahr für Igel dar. „Igel flüchten nicht, wenn sich eine Gefahr nähert, sondern rollen sich zusammen. Deshalb fallen sie Mährobotern so oft zum Opfer“, sagt Anne Berger, Leiterin der Nabu-Fachgruppe Säugetierkunde.

„Igelsichere Mähroboter gibt es nicht", sagt sie. "Auf alle Fälle ist nächtliches Mähen absolut tabu, denn dann sind Igel auf Nahrungssuche und besonders gefährdet.“