Wohnen kann man auch auf klienem Raum. Ein Gespräch mit Van Bo Le-Mentzel, Kurator des Tiny-House-Projekts.

Wie sieht das Wohnen der Zukunft aus? Der Architekt Van Bo Le-Mentzel hat dafür eine Vision. Der Kurator des Tiny-House-Projektes auf dem Bauhaus Campus Berlin in Tiergarten, und zugleich Gründer der „Tinyhouse University“, möchte in Städten das Wohnen für 100 Euro warm ermöglichen. Gelingen soll das durch 6,4 Quadratmeter große Wohnungen in einem mehrstöckigen Wohnhaus. Kochnische, Bett, Heizofen, Dusche und Toilette – alles drin. Das Geheimnis liegt auch in der Höhe. Die Wohnungen sollen 3,60 Meter hoch sein, damit auch der Raum oberhalb der Tür genutzt werden kann. Ein Prototyp der 100-Euro-Wohnung steht auf dem Bauhaus Campus, , Klingelhöfer Straße 14, der täglich von 10 bis 17 Uhr öffentlich zugänglich ist.

Woher kommt die Idee? „Wir betrachten uns als Erben der Bauhaus-Bewegung, die sich vor 100 Jahren Gedanken darüber gemacht hat, wie die Räume für die Gesellschaft aussehen sollen“, sagt Le-Mentzel. Für ihn geht es darum, die knappen Flächen für Wohnraum in Innenstädten mit Fantasie auszufüllen. Er sei weder Hippie noch Systemrebell, vielmehr wolle er zum Nachdenken anregen und „bezahlbaren Wohnraum schaffen und Gentrifizierung stoppen“. Unter anderem durch Tiny Houses. Doch außer um das günstige Wohnen an sich geht es dem Architekten auch um soziales Miteinander, Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit. Orte dafür gebe es auch in Berlin genug, meint Le-Mentzel, etwa Parkplätze, Höfe, Brachen oder Parkanlagen.

Was ist baurechtlich zu beachten? „Als Wohnhaus kann ein Tiny House nur aufgestellt werden, wenn es planungsrechtlich zulässig ist“, sagt dazu die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen. Konkret bedeutet das, dass die Mini-Häuser nicht auf öffentlichen Grünflächen und Industrieflächen stehen dürfen. Außerdem müssen ein Mindestabstand von fünf Metern zum nächsten Gebäude eingehalten und ein Zuweg für die Feuerwehr sichergestellt sein.

Was kosten Tiny Houses? Noam Goldstein hat sein „Holy Foods House“ mit Materialien für insgesamt 15.000 Euro zusammengebaut. Allerdings hat er dafür auch fast fünf Monate gebraucht. Wer sich lieber ein bereits fertiges Exemplar zulegen will, muss mit 30.000 bis 50.000 Euro in der Anschaffung rechnen. „Das hängt maßgeblich von der Größe und der Qualität der Einrichtung ab“, sagt Goldstein. Sein eigenhändig gebautes Tiny House verkauft er für etwa 35.000 Euro. Potenzielle Käufer können es direkt vor Ort, auf dem Bauhaus Campus an der Klingelhöfer Straße 14 in Tiergarten, besichtigen und ihr Interesse hinterlegen. Ein weiterer Berliner Anbieter für Tiny Houses befindet sich an der westlichen Stadtgrenze. Die „Tinyhouse Company“, Am Schlangengraben 9 in Spandau, fertigt diese individuell nach Wunsch. Die Längen und Dachkonstruktionen sind variabel, die Breite beträgt jedoch maximal 2,55 Meter, damit die Wohnhaus-Anhänger auf europäischen Straßen zugelassen werden.

Wo ist der Unterschied zwischen Tiny House und Mikroapartment? Der liegt sowohl in der Mobilität als auch im Konzept. Denn Tiny Houses können, so wie auf dem Bauhaus Campus, auch als Anhänger funktionieren. Zudem sind sie im Gegensatz zu den Mikroapartments der Immobilienfirmen individuell gestaltbar. Van Bo Le-Mentzels 100-Euro-Wohnung kann jedoch ebenso als Mikroapartment bezeichnet werden.

Warum sind die Mietpreise so hoch? „Bei neu errichteten Wohngebäuden existiert derzeit keine rechtliche Einschränkung der Miethöhen“, erklärt die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen. Kurzum: Solange es eine Nachfrage gibt, können Anbieter von Mikroapartments die Miete dort ansetzen, wo sie wollen.

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