Berlin baut viele neue Gebäude. Kinder erhalten in den Einrichtungen mehr Platz und Begegnungsräume

Berlin verabschiedet sich von der althergebrachten Flurschule und will künftig nur noch einen neuen modernen Typ bauen. Bis zum Unterrichtsjahr 2024/25 benötigt die Stadt Plätze für 86.000 zusätzliche Kinder, insgesamt müssen dafür 30 neue Schulen errichtet werden. Damit diese Gebäude auch einer zeitgemäßen Pädagogik entsprechen, hatte die Bildungsverwaltung im September eine Arbeitsgruppe mit 70 Experten eingerichtet, die ein neues Raumkonzept entwickeln sollte.

Am Freitag haben Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) und Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) das Ergebnis gemeinsam vorgestellt.

Die Schule der Zukunft besteht demnach aus Lern- und Teamhäusern. „Das sind mehrere Kleinschulen in einer großen Schule“, erklärte Professor Jörg Ramseger, der als Erziehungswissenschaftler der Freien Universität an dem Konzept mitgearbeitet hat. In der Mitte gibt es ein sogenanntes Forum. Drumherum sind die Klassenzimmer angeordnet und auch der Teamraum für die Pädagogen. Daneben gibt es kleine Räume für die individuelle Förderung oder als Ruhezonen. In einem solchen Lernhaus soll es jeweils drei bis vier Klassen mit etwa 15 bis 20 Pädagogen und Erziehern geben. Das Forum in der Mitte soll als Begegnungsraum genutzt werden. Hier können sich die Schüler versammeln, Präsentationen machen oder Debatten führen.

Therapieräume, Bibliothek und Kochwerkstatt

„Der Vorteil ist, dass in einem solchen Lernhaus jeder Lehrer jeden Schüler genau kennt. Die Beziehungen werden familiärer und die Wege, sich zu treffen, sind kurz“, sagte Ramseger. Das wirke sich auf den Lernerfolg aus. An Schulen, die nach diesem Modell gebaut worden sind, sei die Quote der Schulabbrecher gesunken, so der Erziehungswissenschaftler.

Anregungen für dieses Konzept hatten sich die Experten in Hamburg und München geholt. Die Leitung der Arbeitsgruppe hatte Rainer Schweppe übernommen, der bereits in München neue Standards für den Schulbau entwickelt hatte. Es sei einmalig, in welcher Geschwindigkeit und Qualität das Expertenteam gearbeitet habe, sagte Schweppe. „Ich hoffe wir können nun den Schwung für die weitere Umsetzung nutzen.“

Bedingung für die zügige Umsetzung ist, dass die Senatsverwaltungen der Vorlage zustimmen. Geprüft werden müssen vor allem die finanziellen Auswirkungen. Nach den neuen Standards würden die Schulneubauten mehr Fläche benötigen als bisher. Derzeit stehen einem Schüler in Berlin etwa neun Quadratmeter zur Verfügung. Nach dem neuen Raumprogramm wären es zwölf Quadratmeter.

„Es ist klar, dass der Flächenbedarf durch den Ganztag und durch die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention größer wird“, sagte dazu Christine Edmaier, Präsidentin der Architektenkammer Berlin. Allerdings würden auch die zwölf Quadratmeter noch im bundesweiten Mittel liegen. Bisher hätten die Schüler in Berlin eben nur besonders wenig Platz, sagte Edmaier.

An jeder neuen Grundschule soll es künftig beispielsweise einen Raum von 30 Quadratmetern für Ergotherapie geben, die Lernwerkstatt für Naturwissenschaften soll eine Fläche von 80 Quadratmetern haben. Genauso viel Platz ist für einen Werkraum vorgesehen. Zudem sei auch geplant, dass Teile der Schule, wie etwa die Bibliothek, auch in den Kiez geöffnet werden. Neben der Mensa soll es eine Kochwerkstatt und eine Aula geben.

In vier bis fünf Jahren könnten die ersten Schulbauten neuen Typs realisiert sein. „Wir sind alle von dem Produkt überzeugt, nun muss es zügig vorangehen“, sagte Stadtentwicklungssenatorin Lompscher. Klar vorgegebene Standards würden helfen, die Planungsphasen zu verkürzen. Auch Typenbauten seien nach diesem Konzept denkbar. Der Schulneubau soll künftig in der Hand einer Landesgesellschaft liegen. Bis diese arbeitsfähig ist, ist die Stadtentwicklungsverwaltung für die Planungen verantwortlich. Die nötigen 30 Grundstücke zum Bau der Schulen seien schon gefunden, sagte Bildungssenatorin Scheeres. Nun müsse gemeinsam mit den Bezirken geprüft werden, ob dort Schulbauten tatsächlich möglich sind.