Die Deeskalationsstrategie der Berliner Polizei hat funktioniert. Gegen den Organisator der Demonstration wird ermittelt.

Insgesamt 72 Männer und Frauen hat die Polizei bei der sogenannten Revolutionären 1.-Mai-Demonstration am Montag festgenommen. Das waren 30 mehr als im vergangenen Jahr. Zugleich gab es 32 verletzte Polizeibeamte – 27 weniger als im Jahr zuvor. Auch habe es deutlich weniger Sachbeschädigungen geben. Der Polizei lag nach dem 1. Mai nur eine solche Anzeige vor. Das teilten Innenverwaltung und Polizei am Dienstag mit. Sie zogen ein positives Fazit. „Die Menschen haben sehr deutlich gemacht: Wir haben keine Lust mehr auf Steinewerfer und dumpfe Gewalt“, sagte Innensenator Andreas Geisel (SPD). „Die Zeiten sind vorbei, in denen wir nur ein Feindbild waren“, erklärte Polizeipräsident Klaus Kandt.

Die meisten Festnahmen gab es nach der Demonstration am Spreewaldplatz in Kreuzberg. Dort wurden entsprechend der Polizeitaktik jene festgenommen, die durch Straftaten auffällig geworden waren. Durch das Eingreifen während des Protestzuges hätte die Lage eskalieren können, sagte Einsatzleiter Siegfried-Peter Wulff. Insgesamt waren am Maifeiertag in der Hauptstadt 5400 Beamte im Einsatz, deutlich weniger als im Vorjahr. Auch zur „Revolutionären 1.-Mai-Demonstration“ kamen mit rund 10.000 Menschen weniger als im Vorjahr, als sich dem Zug deutlich mehr angeschlossen hatten.

Der 1. Mai im Foto-Blog

Die Entscheidung, die 1.-Mai-Demons­tration trotz fehlender Anmeldung teilweise durch das „Myfest“ ziehen zu lassen, verteidigte die Polizei erneut. So seien größere Gewaltausbrüche verhindert worden. Gegen den Organisator werde aber wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz ermittelt, hieß es. Die Person sei namentlich bekannt.

Autos brennen in Friedrichshain

Nach der
Nach der "Revolutionären 1. Mai Demonstration" in Kreuzberg brannten in der Nacht in Friedrichshain zwei Autos. © Thomas Peise
Ein Fahrzeug stand lichterloh in Flammen.
Ein Fahrzeug stand lichterloh in Flammen. © Thomas Peise
Verletzt wurde niemand.
Verletzt wurde niemand. © Thomas Peise
Die Feuerwehr rückte zum Löschen aus.
Die Feuerwehr rückte zum Löschen aus. © Thomas Peise | Thomas Peise
Die Polizei geht von Brandstiftung aus.
Die Polizei geht von Brandstiftung aus. © Thomas Peise
Immer wieder brennen in Berlin Autos.
Immer wieder brennen in Berlin Autos. © Thomas Peise
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Beim Gang über das „Myfest“ waren die Demonstranten unter sich. Die Polizei rückte erst an, nachdem der Zug das Festgelände verlassen hatte. Dann warfen Linksautonome Flaschen, zündeten Böller und bengalische Feuer. Polizisten wurden auch mit Fahnenstangen angegriffen. Die Beamten sprühten Pfefferspray auf Demonstranten. Besonders am Ende der Demons­tration auf dem Spreewaldplatz gab es Tumulte und kurze Gewaltausbrüche. „Es gab auch die Ewiggestrigen, die Gewalt mit der Polizei gesucht haben“, sagte Innensenator Geisel. Polizisten seien massiv beschimpft und angegriffen worden. „Es war immer noch kein wirklich friedlicher 1. Mai.“

So war der 1. Mai in Berlin im Live-Blog

Die Festgenommenen waren laut Polizei fast ausschließlich Berliner. Darunter seien Autonome und Störer, aber auch Betrunkene und Frauen gewesen. Ermittelt werde gegen sie unter anderem wegen Landfriedensbruches, gefährlicher Körperverletzung und Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte. Unter den 10.000 Demonstranten seien etwa 1000 polizeibekannte Gewalttäter gewesen.

1. Mai in Berlin: Die Taktik der Polizei geht auf

Die Innenpolitiker der Fraktionen im Abgeordnetenhaus stellten der Polizei ein weitgehend positives Zeugnis aus. Die FDP erhielt allerdings ihre Kritik an der Entscheidung, die Demonstranten trotz fehlender Anmeldung durch die Menschenmenge des „Myfestes“ ziehen zu lassen, auch am Tag nach dem 1. Mai aufrecht. „Es war reines Glück, dass es nicht zu einem größeren Zwischenfall gekommen ist“, sagte ihr innenpolitischer Sprecher, Marcel Luthe.

So schön erlebten die meisten Berliner den 1. Mai

Buntes Kreuzberg: Tausende Besucher laufen über das Myfest.
Buntes Kreuzberg: Tausende Besucher laufen über das Myfest. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
Künstler zeigen beim Myest ihr Können - und Hunderte schauen zu.
Künstler zeigen beim Myest ihr Können - und Hunderte schauen zu. © dpa | Paul Zinken
Helium-Luftballons trugen einiges zum bunten Kreuzberger Straßenbild bei.
Helium-Luftballons trugen einiges zum bunten Kreuzberger Straßenbild bei. © dpa | Jörg Carstensen
Blick in die Menge.
Blick in die Menge. © dpa | Ralf Hirschberger
Drei Frauen verkaufenGemüse- und Salatvariationen.
Drei Frauen verkaufenGemüse- und Salatvariationen. © dpa | Ralf Hirschberger
Zahlreiche Menschen feiern im Görlitzer Park den 1. Mai. Im Hintergrund ist die evangelische Kirche Emmaus.
Zahlreiche Menschen feiern im Görlitzer Park den 1. Mai. Im Hintergrund ist die evangelische Kirche Emmaus. © dpa | Paul Zinken
Am Lausitzer Platz gibt es eine musikalische Darbietung.
Am Lausitzer Platz gibt es eine musikalische Darbietung. © Jörg Krauthöfer
Auch am Mariannenplatz sitzen zahlreiche Menschen beisammen.
Auch am Mariannenplatz sitzen zahlreiche Menschen beisammen. © Jörg Krauthöfer
Wieder mit dabei: der Verkäufer mit den Heliumbalons.
Wieder mit dabei: der Verkäufer mit den Heliumbalons. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
Einstige Ölfässer dienen als Grilltonne zur Zubereitung von Fleisch.
Einstige Ölfässer dienen als Grilltonne zur Zubereitung von Fleisch. © dpa | Paul Zinken
Ein Streetdancer in Aktion.
Ein Streetdancer in Aktion. © dpa | Paul Zinken
Ein Mann spielt auf seinem Balkon auf einer Klarinette.
Ein Mann spielt auf seinem Balkon auf einer Klarinette. © dpa | Paul Zinken
Dicht an dicht drängen sich die Festbesucher auf der Oranienstraße.
Dicht an dicht drängen sich die Festbesucher auf der Oranienstraße. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
Eine Frau grillt und verkauft Würstchen an ihrem Stand.
Eine Frau grillt und verkauft Würstchen an ihrem Stand. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
Eine Anwohnerin dekotiert ihr Fenster mit bunten Luftballons.
Eine Anwohnerin dekotiert ihr Fenster mit bunten Luftballons. © dpa | Paul Zinken
Ein Breakdancer in Aktion. Solche Einlagen gibt es an vielen Punkten auf dem Myfest.
Ein Breakdancer in Aktion. Solche Einlagen gibt es an vielen Punkten auf dem Myfest. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH
Einige Besucher hatten sich verkleidet.
Einige Besucher hatten sich verkleidet. © dpa | Ralf Hirschberger
Menschen ziehen übers Myfest.
Menschen ziehen übers Myfest. © dpa | Ralf Hirschberger
Zwischendurch kam immer wieder die Sonne raus.
Zwischendurch kam immer wieder die Sonne raus. © dpa | Paul Zinken
Die Polizei sicherte das Myfest mit Absperrungen.
Die Polizei sicherte das Myfest mit Absperrungen. © dpa | Paul Zinken
Noch ein Streetdancer.
Noch ein Streetdancer. © dpa | Paul Zinken
Kulinarisch gut dabei: Zwei Köche grillen Fleisch.
Kulinarisch gut dabei: Zwei Köche grillen Fleisch. © dpa | Paul Zinken
Zwei Mitglieder des Organisationsteams Myfest-Crew ziehen Mülltonnen.
Zwei Mitglieder des Organisationsteams Myfest-Crew ziehen Mülltonnen. © dpa | Ralf Hirschberger
Polizeibeamte unterhalten sich am Rande des Myfests.
Polizeibeamte unterhalten sich am Rande des Myfests. © dpa | Ralf Hirschberger
Das Fest verlief friedlich und lockte Besucher auch aus anderen Bezirken an.
Das Fest verlief friedlich und lockte Besucher auch aus anderen Bezirken an. © dpa | Ralf Hirschberger
Das ist Berlin: Ein Mann sitzt auf einem Bürostuhl.
Das ist Berlin: Ein Mann sitzt auf einem Bürostuhl. © dpa | Ralf Hirschberger
Auch im Görlitzer Park kamen viele Menschen zusammen.
Auch im Görlitzer Park kamen viele Menschen zusammen. © picture alliance / NurPhoto | Emmanuele Contini
Eine Besucherin hält ihr Bier in die Höhe.
Eine Besucherin hält ihr Bier in die Höhe. © picture alliance / Eventpress | dpa Picture-Alliance / Hartmut Müller-Stauffenberg
Im Görlitzer Park sitzen einige Menschen auf dem Dach.
Im Görlitzer Park sitzen einige Menschen auf dem Dach. © picture alliance / NurPhoto | Emmanuele Contini
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Der Innenexperte der AfD, Karsten Woldeit, erklärte zwar, die Polizei habe „in jedem Moment angemessen, abgewogen und richtig agiert“. Er unterstellte aber, die Entscheidung, die Demonstranten trotz fehlender Anmeldung gewähren zu lassen, sei eine „politische Vorgabe“ von Innensenator Geisel gewesen. Er habe den Beamten aufgebürdet, eine Straftat zuzulassen.

Die Abgeordneten der rot-rot-grünen Koalitionsfraktionen verteidigten die Entscheidung. „Die Deeskalationsstrategie hat dazu beigetragen, dass es weniger Aggressionen gab“, sagte der Innenexperte der Linke, Hakan Taş. Lob für die Polizei kam auch von der CDU. Neben den Gewalttätern müssten nun auch die Organisatoren der nicht angemeldeten 18-Uhr-Demons­tration zur Verantwortung gezogen werden, forderte der CDU-Abgeordnete Burkard Dregger.

Berliner Innenpolitiker stellen Polizei gutes Zeugnis aus

Attackierter Abgeordneter erstattet Strafanzeige

Der SPD-Abgeordnete Tom Schreiber hat unterdessen Strafanzeige erstattet, weil drei noch unbekannte Täter am Rand der Demonstration auf ihn losgegangen waren. Sie hatten ihn offenbar erkannt und namentlich beschimpft, so Schreiber am Montag. Ein tätlicher Übergriff mit einer Flasche sei nur verhindert worden, weil zwei seiner Begleiter einen der Angreifer zurückgehalten hätten. „Er wollte schon zuschlagen“, sagte Schreiber, der nicht verletzt wurde.

Der Innenexperte der Grünen, Benedikt Lux, sagte angesichts ähnlicher vorangegangener Fälle, tätliche Angriffe und Drohungen gegen „gewählte Volksvertreter und Parteien jeglicher Couleur“ hätten ein unerträgliches Maß erreicht. „Es wäre gut, wenn sich die Sicherheitsbehörden mehr für die Strafverfolgung und für den Opferschutz sensibilisieren“, sagte Lux.

Die "Revolutionäre 1. Mai"-Demo in Kreuzberg in Bildern

Mit Verspätung startet am 1. Mai um 18.45 Uhr die
Mit Verspätung startet am 1. Mai um 18.45 Uhr die "Revolutionäre 1. Mai"-Demonstration am Kreuzberger Oranienplatz. © rtr
Die linken und linksextremen Gruppen ziehen nach Neukölln.
Die linken und linksextremen Gruppen ziehen nach Neukölln. © Reto Klar
Erstmals war die Demonstration nicht angemeldet worden.
Erstmals war die Demonstration nicht angemeldet worden. © Reto Klar
Polizisten nach Ende der
Polizisten nach Ende der "Revolutionären 1. Mai "-Demonstration. © Reuters
Rauchschwaden ziehen durch die Luft.
Rauchschwaden ziehen durch die Luft. © Reto Klar
Blick von oben auf den Demonstrationszug.
Blick von oben auf den Demonstrationszug. © dpa
Teilnehmer zünden Nebeltöpfe und bengalische Feuer.
Teilnehmer zünden Nebeltöpfe und bengalische Feuer. © Reto Klar
Eine Person aus dem Demonstrationszug wird   abgeführt.
Eine Person aus dem Demonstrationszug wird abgeführt. © Thomas Peise
Polizisten und Demonstranten geraten aneinander.
Polizisten und Demonstranten geraten aneinander. © Getty
Der schwarze Block an der Spitze des Demonstrationszugs.
Der schwarze Block an der Spitze des Demonstrationszugs. © Getty
Demonstranten und Polizisten stehen sich gegenüber.
Demonstranten und Polizisten stehen sich gegenüber. © Getty
Einsatzkräfte der  Polizei stehen Spalier.
Einsatzkräfte der Polizei stehen Spalier. © Reto Klar
Wortgefechte und Rangeleien im Demonstrationszug.
Wortgefechte und Rangeleien im Demonstrationszug. © Reto Klar
Zwei Polizisten sind auf einen Stromkasten gestiegen und verschaffen sich einen Überblick.
Zwei Polizisten sind auf einen Stromkasten gestiegen und verschaffen sich einen Überblick. © dpa
Rettungssanitäter mit einer verletzten Person.
Rettungssanitäter mit einer verletzten Person. © Getty
Viele der Demonstrationsteilnehmer in den ersten Reihen sind vermummt.
Viele der Demonstrationsteilnehmer in den ersten Reihen sind vermummt. © rtr
Polizisten an der Reichenberger Straße in Kreuzberg.
Polizisten an der Reichenberger Straße in Kreuzberg. © Thomas Peise
Polizisten beim Abführen eines Demonstranten.
Polizisten beim Abführen eines Demonstranten. © Reuters
Immer wieder wird Pyrotechnik gezündet.
Immer wieder wird Pyrotechnik gezündet. © rtr
Polizisten nehmen einen Mann nach Ende der Demonstration fest.
Polizisten nehmen einen Mann nach Ende der Demonstration fest. © dpa
Dichter schwarzer Rauch an der Spitze des Zugs.
Dichter schwarzer Rauch an der Spitze des Zugs. © Getty
Demo-Teilnehmer schützen sich vor den Rauchschwaden.
Demo-Teilnehmer schützen sich vor den Rauchschwaden. © rtr
"G20 fluten" steht auf einem der Plakate. © rtr
Am Rande der Demonstrationsroute steigen Personen auf ein Bushaltestellenhäuschen.
Am Rande der Demonstrationsroute steigen Personen auf ein Bushaltestellenhäuschen. © Getty
Bunte Rauchschwaden bei der Demo.
Bunte Rauchschwaden bei der Demo. © Getty
Polizisten in voller Montur.
Polizisten in voller Montur. © Getty
Die Polizei ist mit rund 5400 Polizisten am 1. Mai im Einsatz.
Die Polizei ist mit rund 5400 Polizisten am 1. Mai im Einsatz. © rtr
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